Der Bundesrat

Faktenblatt, 13.06.2025

Institutionelle Elemente

Worum geht es?

Die Schweiz nimmt in gewissen Bereichen am EU-Binnenmarkt teil. Geregelt ist dies derzeit

in fünf Abkommen: Personenfreizügigkeit, Landverkehr, Luftverkehr, Landwirtschaft und An-

erkennung von Konformitätsbewertungen (MRA). Im Zug der Weiterentwicklung des bilatera-

len Weges soll ein Abkommen zum Strom dazukommen und dasjenige zur Landwirtschaft im

Bereich Lebensmittelsicherheit erweitert werden (in einem separaten Protokoll).

Diese

sogenannten Binnenmarktabkommen gewährleisten eine weitgehende gegenseitige

Marktbeteiligung und vermeiden damit Diskriminierungen von Schweizer Firmen auf dem EU-

Binnenmarkt und umgekehrt. Für diese Abkommen haben die Schweiz und die EU sich auf

neue institutionelle Elemente geeinigt. Diese stellen sicher, dass die Abkommen gut funktio-

nieren und im gemeinsamen Binnenmarkt für alle Marktteilnehmenden jederzeit die gleichen

Spielregeln gelten.

Die neuen institutionellen Elemente umfassen die dynamische Rechtsübernahme, die einheit-

liche Auslegung der Abkommen, deren Überwachung sowie die Streitbeilegung im Fall von

Uneinigkeiten zwischen der Schweiz und der EU.

Grundzüge

Die institutionellen Elemente werden neu in jedem Binnenmarktabkommen separat geregelt.

So können die Eigenheiten der einzelnen Abkommen besserberücksichtigt werden. Darin be-

steht ein Unterschied zum «Rahmenabkommen», über welches die Verhandlungen im Mai

2021 abgebrochen wurden. Dieses hätte die institutionellen Elemente für alle Binnenmarktab-

kommen horizontal geregelt.

Wenn sich das Recht des EU-Binnenmarktes in Bereichen weiterentwickelt, die in den Gel-

tungsbereich eines Binnenmarktabkommens fallen, dann integrieren die Schweiz und die EU

diese Rechtsentwicklungen in das jeweilige Abkommen (sogenannte Verpflichtung zur dyna-

mischen Rechtsübernahme) «Dynamisch» heisst aber nicht «automatisch»: D.h. die Schweiz

entscheidet über jede Übernahme eines neuen relevanten EU-Rechtsaktes in ein Abkommen

und die in diesem Zusammenhang allenfalls erforderliche Anpassungen im nationalen Recht

eigenständig und gemäss ihren üblichen innerstaatlichen Verfahren, inklusive ihren direktde-

mokratischen Entscheidungsprozessen wie dem Referendum. Sie behält also die Kontrolle.

Die Schweiz kann die Übernahme eines neuen EU-Rechtsaktes in ein Abkommen auch ab-

lehnen. Tut sie dies, obwohl sie den Rechtsakt gemäss Entscheid des Schiedsgerichts (im

Streitbeilegungsverfahren; s. unten) übernehmen müsste, kann die EU verhältnismässige Aus-

gleichsmassnahmen ergreifen. Solche Ausgleichsmassnahmen sind aber nur innerhalb des

betroffenen Abkommens oder eines anderen Binnenmarktabkommens (beim Landwirtschafts-

abkommen nur innerhalb des Protokolls zur Lebensmittelsicherheit) zulässig. Sie sollen das

Ungleichgewicht beheben, das durch die Nichtübernahme des Rechtsaktes zwischen den Par-

teien entstanden ist.

Darüber hinaus erhält die Schweiz ein Mitspracherecht bei der Ausarbeitung von EU-Rechts-

akten, die in die Binnenmarktabkommen übernommen werden müssen (

decision shaping

).

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In zentralen Bereichen der jeweiligen Binnenmarktabkommen konnten überdies Ausnahmen

und bezüglich des Lohnschutzes eine sogenannte Nichtregressionsklausel ausgehandelt wer-

den.

In diesen Bereichen besteht keine Verpflichtung zur Rechtsübernahme. In Zukunft kön-

nen die Parteien gegebenenfalls neue Ausnahmen vereinbaren.

In den Abkommen und Protokollen des Pakets Schweiz-EU werden insgesamt 95 EU-Gesetz-

gebungsakte übernommen. EU-Gesetzgebungsakten kommt in der EU eine Bedeutung zu,

die grundsätzlich mit derjenigen von Bundesgesetzen in der Schweiz vergleichbar ist. Wie

diese enthalten sie wichtige rechtssetzende Bestimmungen. In der Zahl 95 nicht enthalten sind

die EU-Rechtsakte ohne Gesetzescharakter. Diese werden in der Regel von der Europäischen

Kommission erlassen und bewegen sich stets innerhalb des Rahmens der jeweiligen EU-Ge-

setzgebungsakte, auf denen sie basieren. EU-Rechtsakte ohne Gesetzescharakter können

entsprechend mit dem schweizerischen Verordnungsrecht verglichen werden. Die rechtlichen

Auswirkungen der 95 EU-Gesetzgebungsakte für die Schweiz ergeben sich im Übrigen nur in

Kombination mit den Regeln der jeweiligen Abkommen. Insbesondere kann aus der Anzahl

der übernommenen EU-Gesetzgebungsakte allein kein Rückschluss auf die Auswirkungen

derselben für die Schweiz gezogen werden. Für detailliertere Informationen zu diesem Thema

siehe das Dokument «Übersicht EU-Gesetzgebungsakte Paket Schweiz-EU ».

Die Auslegung und die Überwachung der Binnenmarktabkommen erfolgen gemäss dem so-

genannten Zwei-Pfeiler-Modell. Das heisst, dass die Schweiz und die EU die entsprechenden

Aufgaben eigenständig auf ihrem jeweiligen Territorium wahrnehmen. Für Rechtsstreitigkeiten

aus dem Abkommen zwischen einer Person oder einem Unternehmen und einer anderen Per-

son, einem anderen Unternehmen oder dem Staat bleiben das Bundesgericht und die Schwei-

zer Gerichte zuständig. Der vorgesehene Streitbeilegungsmechanismus (siehe unten) gilt nur

für Streitigkeiten zwischen der Schweiz und der EU und somit nicht für Privatpersonen.

Die Streitbeilegung erfolgt auch weiterhin zuerst im Gemischten Ausschuss des betroffenen

Abkommens. Nur wenn man sich dort nicht einig wird, kann neu jede Seite die Streitfrage

einem paritätisch zusammengesetzten Schiedsgericht zum Entscheid vorlegen. Die Parteien

behalten die Autonomie ihrer Gerichte betreffend die Auslegung ihres eigenen Rechts. Es be-

steht folglich keine Asymmetrie.

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) entscheidet nie über einen Streitfall. Erachtet

das paritätische Schiedsgericht – bestehend aus je einer Richterin oder einem Richter der

Schweiz und der EU sowie einer oder einem gemeinsam ernannten Vorsitzenden – eine Aus-

legung des EU-Rechts für seine Entscheidungsfindung für notwendig und relevant, ruft es den

EuGH an, und zwar ausschliesslich zu diesem Zweck. Der EuGH kann nicht von sich aus in

einem Schiedsgerichtsverfahren intervenieren.

Die Kompetenzen der Schweizer Gerichte und des Bundesgerichts werden durch das Ver-

handlungsergebnis nicht beeinträchtigt.

Da die Binnenmarktabkommen nicht auf Schweizer Recht gründen, ist es weder vorgesehen

noch erforderlich, dass das Schiedsgericht dem Bundesgericht Fragen unterbreitet.

Der Streitbeilegungsmechanismus ist schliesslich rein zwischenstaatlich. Und es ist immer das

Schiedsgericht, das in der Hauptsache endgültig entscheidet.

Ausgleichsmassnahmen

Befolgt eine Seite nach Ansicht der anderen Seite in einem konkreten Streitfall die Entschei-

dung des Schiedsgerichts nicht, kann Letztere Ausgleichsmassnahmen im betroffenen Ab-

kommen oder einem anderen Binnenmarktabkommen (im Agrarteil des Landwirtschaftsab-

kommens nur im Falle der Verletzung dieses Abkommens [inkl. Teil zur Lebensmittelsicher-

heit] möglich, nicht jedoch im Falle der Verletzung eines anderen Binnenmarktabkommens; im

Gesundheitsabkommen nur innerhalb dieses Abkommens oder in Bezug auf die Beteiligung

der Schweiz am EU-Gesundheitsprogramm möglich) ergreifen; die möglichen Bereiche sol-

cher Massnahmen sind also klar definiert und für beide Seiten vorhersehbar. Mit den Aus-

gleichsmassnahmen soll das Gleichgewicht zwischen den Parteien wiederhergestellt werden.

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Deshalb müssen die Ausgleichsmassnahmen verhältnismässig sein. Ob solche Massnahmen

verhältnismässig sind, kann wiederum vom Schiedsgericht geprüft werden.

Darüber hinaus wurden in den Verhandlungen mit Bezug auf allfällige Ausgleichsmassnahmen

folgende Punkte vereinbart:

Ausgleichsmassnahmen, die in der Folge eines Streitbeilegungsverfahrens unter Umstän-

den ergriffen werden, dürfen frühestens drei Monate nach ihrer Notifizierung angewendet

werden (automatische aufschiebende Wirkung).

Auf Verlangen der betroffenen Partei entscheidet das Schiedsgericht anhand bestimmter

Kriterien (insbesondere des Potenzials der Ausgleichsmassnahmen für irreparable Schä-

den), ob die aufschiebende Wirkung über die drei Monate hinaus bis zum Entscheid über

die Verhältnismässigkeit der Ausgleichsmassnahmen verlängert wird.

Um zu verhindern, dass unter dem Vorwand von Ausgleichsmassnahmen eine "Sanktionie-

rung" einer Partei durch die andere erfolgen kann, gelten folgende Regeln

:

Ausgleichsmassnahmen können erst dann ergriffen werden, wenn eine Verletzung eines

betreffenden Abkommens durch die EU oder die Schweiz von einem Schiedsgericht

rechtsverbindlich festgestellt worden ist und der Entscheid des Schiedsgerichts anschlies-

send von der betroffenen Partei nicht umgesetzt wurde.

Der Bereich, in dem Ausgleichsmassnahmen ergriffen werden können, ist grundsätzlich

auf die Binnenmarktabkommen beschränkt, wobei im Agrarteil des Landwirtschaftsabkom-

mens solche Massnahmen nur bei einer Verletzung dieses Abkommens (inkl. Teil zur Le-

bensmittelsicherheit) möglich sind, nicht jedoch im Falle der Verletzung eines anderen Bin-

nenmarktabkommens (vgl. «Spezialfälle» nachstehend). Im Gesundheitsabkommen, wo

die institutionellen Elemente analog Anwendung finden, sind Ausgleichsmassnahmen zu-

dem nur in diesem Abkommen oder in Bezug auf die Beteiligung der Schweiz am EU-

Gesundheitsprogramm möglich (vgl. ebenfalls «Spezialfälle» nachstehend). Damit ist der

Bereich möglicher Ausgleichsmassnahmen klar definiert und sowohl für die Schweiz als

auch die EU vorhersehbar.

Allfällige Ausgleichsmassnahmen dürfen frühestens drei Monate nach ihrer Notifizierung

angewendet werden (automatische aufschiebende Wirkung). Die von den Massnahmen

betroffene Partei kann die Verhältnismässigkeit der notifizierten Ausgleichsmassnahmen

durch ein Schiedsgericht überprüfen lassen. Sie kann beim Schiedsgericht zudem eine

Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der Massnahmen bis zum Entscheid über de-

ren Verhältnismässigkeit beantragen. So wird die betroffene Partei vor unverhältnismässi-

gen Ausgleichsmassnahmen geschützt.

Spezialfälle

Die institutionellen Elemente werden im Gesundheitsabkommen analog Anwendung finden,

auch wenn dieses kein Binnenmarktabkommen ist. Damit soll das ordnungsgemässe Funkti-

onieren des Abkommens und eine reibungslose Zusammenarbeit gewährleistet werden, zu

der namentlich der Einsitz der Schweiz in den relevanten Gesundheitssicherheitsgremien der

EU gehört. Allfällige Ausgleichsmassnahmen dürfen nur innerhalb des Gesundheitsabkom-

mens oder in Bezug auf das dem Programmabkommen angehängte Protokoll zur Beteiligung

am EU-Gesundheitsprogramm getroffen werden. Damit können Streitbeilegungsverfahren im

Bereich des Gesundheitsabkommens keine Auswirkungen auf die Binnenmarktabkommen ha-

ben und umgekehrt.

Zu erwähnen ist ausserdem der Spezialfall des Landwirtschaftsabkommens. Dieses Abkom-

men wird künftig in einen «Agrarteil» und einen Teil «Lebensmittelsicherheit» gegliedert; letz-

terer ist im Protokoll zur Lebensmittelsicherheit zusammengefasst (s. auch oben). Der Agrarteil

untersteht nicht der dynamischen Rechtsübernahme. Und bei Streitfällen ist zwar neu auch

ein Schiedsgericht vorgesehen jedoch ohne Möglichkeit, den EuGH einzubeziehen. Dazu

kommt, dass allfällige Ausgleichsmassnahmen im Agrarteil nur im Fall einer Verletzung des

Landwirtschaftsabkommens (inkl. Protokoll Lebensmittelsicherheit) möglich sind, nicht jedoch

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im Fall der Verletzung eines anderen Binnenmarktabkommens. Anders sieht es beim Lebens-

mittelsicherheitsteil des Landwirtschaftsabkommens aus. Da es hier um Binnenmarktbeteili-

gung geht, kommen dort die institutionellen Elemente zur Anwendung.

Bedeutung für die Schweiz

Mit der Aufnahme der neuen institutionellen Elemente in den Binnenmarktabkommen kann der

bilaterale Weg weitergeführt werden. Zudem werden damit für die Vertragsparteien, die Wirt-

schaftsakteure und Privatpersonen in den betroffenen Bereichen Rechtssicherheit und gleiche

Spielregeln geschaffen. Der vom Bundesrat im Februar 2022 gewählte sektorielle Paketansatz

hat sich damit in den Verhandlungen bewährt. Das Ziel, das mit der sektoriellen Einbettung

der institutionellen Elemente in jedem einzelnen Binnenmarktabkommen verfolgt wurde,

konnte erreicht werden. So war es möglich, die Eigenheiten der einzelnen Abkommen zu be-

rücksichtigen und dafür massgeschneiderte Lösungen zu finden.

Zum Schutz essenzieller Interessen der Schweiz konnten bestimmte Bereiche von der dyna-

mischen Rechtsübernahme ausgenommen und damit pro futuro abgesichert werden. Zudem

kann die Schweiz an der Ausarbeitung von EU-Rechtsakten mitwirken, die in den Geltungs-

bereich der Binnenmarktabkommen Schweiz-EU fallen. Der Geltungsbereich selbst kann auch

nicht einseitig von der EU angepasst werden. Schliesslich ist sichergestellt, dass Streitfälle im

Bereich des Binnenmarktes in Zukunft in einem geordneten Rahmen gelöst werden, wobei die

Streitfälle als solche immer von einem paritätisch besetzten Schiedsgericht abschliessend ent-

schieden werden. Willkürliche «Strafmassnahmen» einer Seite gegen die andere sind mit der

vorliegenden Lösung nicht mehr möglich. Allfällige Ausgleichsmassnahmen müssen vielmehr

verhältnismässig sein und sind auf den Binnenmarktbereich beschränkt.

Zudem kommt diesen Massnahmen bis zum Entscheid des Schiedsgerichts über deren Ver-

hältnismässigkeit grundsätzlich aufschiebende Wirkung zu. So sollen allfällige Schäden auf-

grund von unverhältnismässigen Massnahmen vermieden werden.

Konkret

Rolle des EuGH:

Manchmal wenden Behörden in EU-Mitgliedstaaten das EU-Recht, das

auch die Schweiz im Rahmen der Binnenmarktabkommen übernommen hat, falsch und

zum Nachteil schweizerischer Unternehmen an. So haben sich zum Beispiel Transportun-

ternehmen aus der Schweiz in der Vergangenheit darüber beschwert, dass in einem EU-

Mitgliedstaat die Schweizer Diplome für Lastwagenfahrerinnen und -fahrer über 3,5 Ton-

nen nicht anerkannt werden. Bislang konnte sich die Schweiz in einem solchen Fall nicht

rechtlich zugunsten ihrer Unternehmen zur Wehr setzen. Sie konnte sich nur politisch-dip-

lomatisch im Gemischten Ausschuss des Landverkehrsabkommens um eine Lösung mit

der EU bemühen oder politisch beim betroffenen EU-Mitgliedstaat intervenieren. Mit den

neuen institutionellen Elementen ändert sich das: Wenn künftig im Gemischten Ausschuss

keine Lösung gefunden werden kann, kann die Schweiz ein paritätisch besetztes Schieds-

gericht anrufen. Dieses beurteilt den Streit eigenständig. Den EuGH würde das Schieds-

gericht nur beiziehen, wenn es der Meinung ist, dass für die Beurteilung des Streits die

Auslegung von EU-Rechtsbestimmungen, welche in das Landverkehrsabkommen über-

nommen wurden, relevant und notwendig ist. Das Schiedsgericht entscheidet dabei selbst,

ob diese Voraussetzungen erfüllt sind. Konkret könnte das Schiedsgericht im vorliegenden

Streitfall wissen wollen, wie aus Sicht des EuGH die Artikel des EU-Rechts, welche im

Landverkehrsabkommen betreffend die Anerkennung von Lastwagen-Chauffeur/innen-

Diplomen enthalten sind, genau zu verstehen sind. Das Schiedsgericht beschliesst an-

schliessend auf der Grundlage des Entscheids des EuGH zu dieser konkreten Auslegungs-

frage eigenständig über den Streit. Sollte es dabei zum Schluss kommen, dass die Nicht-

anerkennung von Schweizer Lastwagen-Chauffeur/innen-Diplomen eine Verletzung des

Landverkehrsabkommens darstellt, wäre der betroffene EU-Mitgliedstaat verpflichtet, die

Schweizer Diplome anzuerkennen.

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Ausgleichsmassnahmen:

Nehmen wir an, die Schweiz lässt Helikopterpiloten fliegen, bis

sie 65 Jahre alt sind. Die EU zieht die Grenze bei 60 Jahren. Sollte das Schiedsgericht

zum Schluss kommen, dass die Schweiz damit das Luftverkehrsabkommen verletzt und

die Schweiz diesen Entscheid nicht umsetzt, könnte die EU verhältnismässige Ausgleichs-

massnahmen ergreifen. Die Ausgleichsmassnahmen müssten zudem im Rahmen des

Luftverkehrsabkommens oder eines der anderen Binnenmarktabkommen (beim Landwirt-

schaftsabkommen nur im Rahmen des Lebensmittelsicherheitsprotokolls, der Agrarteil ist

ausgeschlossen) ergriffen werden. Beispielsweise könnte die EU als Ausgleichsmass-

nahme die Lizenzen von Schweizer Helikopterpiloten in der EU nicht mehr anerkennen.

Nicht möglich wären hingegen Ausgleichsmassnahmen bspw. im Bereich der Forschung,

d.h. die EU könnte die Schweiz in einem solchen Fall nicht mehr aus dem EU-Forschungs-

programm ausschliessen. Die Schweiz könnte die von der EU ergriffenen Ausgleichsmas-

snahmen anschliessend vom Schiedsgericht auf deren Verhältnismässigkeit hin prüfen

lassen. Wäre die Massnahme der EU (Nichtanerkennung der Schweizer Helikopterpiloten-

Lizenzen) auf über 60-jährige Schweizer Helikopterpiloten beschränkt, dürfte das Schieds-

gericht wohl zum Schluss kommen, dass diese verhältnismässig ist. Würde die EU hinge-

gen generell keine Lizenzen von Schweizer Helikopterpiloten mehr anerkennen, wäre die

Massnahme wohl kaum mehr verhältnismässig.