ABKOMMEN
ZWISCHEN DER SCHWEIZERISCHEN EIDGENOSSENSCHAFT
UND DER EUROPÄISCHEN UNION
ÜBER DEN REGELMÄSSIGEN FINANZIELLEN BEITRAG DER SCHWEIZ
ZUR VERRINGERUNG DER WIRTSCHAFTLICHEN UND SOZIALEN UNGLEICHHEITEN
IN DER EUROPÄISCHEN UNION
1
DIE SCHWEIZERISCHE EIDGENOSSENSCHAFT, im Folgenden „Schweiz“,
und
DIE EUROPÄISCHE UNION, im Folgenden „Union“,
im Folgenden „Vertragsparteien“,
IN ANBETRACHT der engen Beziehungen zwischen den Vertragsparteien,
IN ANBETRACHT des umfassenden bilateralen Pakets zwischen den Vertragsparteien zur
Stabilisierung und Weiterentwicklung der bilateralen Beziehungen, einschliesslich der Beteiligung
der Schweiz am Binnenmarkt,
IN ANBETRACHT der Bedeutung, die in diesem Zusammenhang den Massnahmen zukommt, die
zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in der Union beitragen und
darauf abzielen, die kontinuierliche und ausgewogene Stärkung der wirtschaftlichen und sozialen
Beziehungen zwischen der Union und ihren Mitgliedstaaten und der Schweiz zu fördern und
gleichzeitig wichtige gemeinsame Herausforderungen zu bewältigen,
IM BEWUSSTSEIN, dass die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und den Partnerstaaten im
Rahmen des regelmässigen finanziellen Beitrags der Schweiz auf gemeinsamen Werten, den
Grundsätzen der guten Regierungsführung und der gemeinsamen Verpflichtung zur Null-Toleranz
gegenüber Korruption beruht und davon geleitet wird,
SIND WIE FOLGT ÜBEREINGEKOMMEN:
2
TEIL I
ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN
ARTIKEL 1
Ziele
Im Zusammenhang mit dem umfassenden bilateralen Paket an Abkommen teilen die
Vertragsparteien das allgemeine Ziel, zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen
Ungleichheiten in der Union beizutragen.
Entsprechend zielt der regelmässige finanzielle Beitrag der Schweiz darauf ab, die kontinuierliche
und ausgewogene Stärkung der wirtschaftlichen und sozialen Beziehungen zwischen der Union und
ihren Mitgliedstaaten und der Schweiz zu fördern und dabei wichtige gemeinsame
Herausforderungen zu bewältigen.
ARTIKEL 2
Gegenstand
1.
Dieses Abkommen bildet die Grundlage für den regelmässigen finanziellen Beitrag der
Schweiz zur Verwirklichung der in Artikel 1 festgelegten Ziele.
2.
Der regelmässige finanzielle Beitrag der Schweiz ergänzt die Massnahmen der Union und
ihrer Mitgliedstaaten im Bereich Kohäsion und bei der Bewältigung wichtiger gemeinsamer
Herausforderungen.
3
ARTIKEL 3
Begriffsbestimmungen
Für die Zwecke dieses Abkommens bezeichnet der Ausdruck:
(a)
„Liste der Abkommen“ die folgenden Abkommen:
(i)
Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten
einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die
Freizügigkeit, geschehen zu Luxemburg am 21. Juni 1999;
(ii)
Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen
Eidgenossenschaft über den Luftverkehr, geschehen zu Luxemburg am 21. Juni 1999;
(iii) Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen
Eidgenossenschaft über den Güter- und Personenverkehr auf Schiene und Strasse,
geschehen zu Luxemburg am 21. Juni 1999;
(iv) Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen
Eidgenossenschaft über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, geschehen
zu Luxemburg am 21. Juni 1999;
(v)
Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen
Eidgenossenschaft über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen,
geschehen zu Luxemburg am 21. Juni 1999;
4
(vi) Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Europäischen
Atomgemeinschaft einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits
über die Teilnahme der Schweizerischen Eidgenossenschaft an Programmen der Union,
geschehen zu […] am […];
(vii) Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Schweizerischen
Eidgenossenschaft über die Modalitäten und Bedingungen für die Beteiligung der
Schweizerischen Eidgenossenschaft an der Agentur der Europäischen Union für das
Weltraumprogramm, geschehen zu […] am […];
(viii) Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Schweizerischen
Eidgenossenschaft über Elektrizität, geschehen zu […] am […];
(ix) Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Schweizerischen
Eidgenossenschaft über die Gesundheit, geschehen zu […] am […]; und
(x) Protokoll zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der
Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Handel mit landwirtschaftlichen
Erzeugnissen zur Errichtung eines gemeinsamen Lebensmittelsicherheitraums,
geschehen zu […] am […];
(b)
„Beitragsperiode“ bezeichnet den Zeitrahmen, dem ein jeweiliger finanzieller Beitrag der
Schweiz zugeordnet wird.
(c)
„Umsetzungsperiode“ bezeichnet den Zeitrahmen, in dem der jeweilige finanzielle Beitrag der
Schweiz umgesetzt werden muss und die Mittel ausbezahlt werden. Jede Umsetzungsperiode
dauert mindestens zehn Jahre.
(d)
„Partnerstaat“ bezeichnet einen Mitgliedstaat der Union, der während einer bestimmten
Beitragsperiode durch den finanziellen Beitrag der Schweiz unterstützt wird.
5
(e)
„Partnerstaaten im Bereich Kohäsion“ bezeichnet jene Mitgliedstaaten der Union mit einem in
Kaufkraftstandards gemessenen Pro-Kopf-Bruttonationaleinkommen (im Folgenden „BNE“)
von weniger als 90 % des Unionsdurchschnitts beim Pro-Kopf-BNE in Kaufkraftstandards im
selben Bezugszeitraum. Der Bezugszeitraum für die zu verwendenden Daten ist jener, der zu
Beginn der jeweiligen Beitragsperiode zur Bestimmung der im Rahmen des Kohäsionsfonds
der Union förderfähigen Mitgliedstaaten der Union gilt.
(f)
„Unterstützungsmassnahme“ bezeichnet ein Programm oder Projekt, das mit der
Unterstützung des jeweiligen finanziellen Beitrags der Schweiz durchgeführt wird.
ARTIKEL 4
Rahmen für den regelmässigen finanziellen Beitrag der Schweiz
1.
Der regelmässige finanzielle Beitrag der Schweiz wird in aufeinanderfolgende
Beitragsperioden gegliedert.
Jede Beitragsperiode beginnt zwei Jahre nach Beginn des durch einen mehrjährigen Finanzrahmen
der Union (im Folgenden „MFR“) abgedeckten Zeitraums. Die Beitragsperiode erstreckt sich über
die gleiche Anzahl an Jahren wie der entsprechende MFR.
2.
Für jede Beitragsperiode gilt Folgendes:
(a)
Die Schweiz leistet einen finanziellen Beitrag, der gemäss Anhang I festgelegt wird.
6
(b)
Zwecks Erfüllung der Verpflichtung gemäss Buchstabe (a) schliessen die Vertragsparteien
mindestens zwölf Monate vor dem Ende der laufenden Beitragsperiode ein rechtlich
unverbindliches Memorandum of Understanding (im Folgenden „MoU“) ab.
Zu diesem Zweck nimmt der Gemischte Ausschuss mindestens 36 Monate vor dem Ende der
laufenden Beitragsperiode Gespräche auf.
In jedem MoU sind folgende Elemente anzugeben:
(i)
die Höhe des gemäss Anhang I Absatz 1 festgelegten finanziellen Beitrags der Schweiz;
(ii)
die länderspezifischen Mittelzuweisungen im Bereich Kohäsion gemäss Anhang I
Anlage 2;
(iii)
die Themenbereiche für den jeweiligen finanziellen Beitrag der Schweiz im Bereich
Kohäsion;
(iv)
wenn ein Teil eines jeweiligen finanziellen Beitrags der Schweiz für die Bewältigung
anderer wichtiger gemeinsamer Herausforderungen vorgesehen ist: die identifizierten
wichtigen gemeinsamen Herausforderungen, deren jeweilige Themenbereiche, die
Kriterien für die Wahl von Partnerstaaten, die von den identifizierten gemeinsamen
Herausforderungen betroffen sind, sowie die Aufteilung zwischen den dem Bereich
Kohäsion zugewiesenen Mitteln und den Mitteln, die der Bewältigung der
identifizierten gemeinsamen Herausforderungen gemäss Anhang I Absatz 2 zugewiesen
sind;
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(v)
eine allgemeine Beschreibung des geplanten Inhalts der länderspezifischen Abkommen
zwischen der Schweiz und den Partnerstaaten (im Folgenden „länderspezifische
Abkommen“);
(vi)
die Dauer der Umsetzungsperiode gemäss Artikel 3 Buchstabe (c).
(c)
Falls das MoU nicht innerhalb des in Buchstabe (b) Satz 1 aufgeführten Zeitrahmens
abgeschlossen wird, kommt Artikel 16 zur Anwendung. Sofern der Streitfall gemäss
Artikel 16 Absatz 2 dem Schiedsgericht unterbreitet wird, prüft das Schiedsgericht, ob die
Vertragsparteien während der Gespräche nach Buchstabe (b) nach Treu und Glauben
gehandelt haben, um der Verpflichtung in Buchstabe (a) nachzukommen.
ARTIKEL 5
Länderspezifische Abkommen und weitere Unterstützungsmassnahmen
1.
Unter Einhaltung von Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe a und Teil II sowie im Einklang mit den
im MoU vorgesehenen Elementen schliesst die Schweiz länderspezifische Abkommen mit
Partnerstaaten ab und bereitet gegebenenfalls weitere Unterstützungsmassnahmen vor, die von ihr
direkt verwaltet werden oder als Beitrag an entsprechende Finanzierungsinstrumente erfolgen.
2.
Bei den länderspezifischen Abkommen werden die Strategie der Union und die nationalen
strategischen Rahmenpläne für Investitionen der Kohäsionspolitik der Union, die von der
Europäischen Kommission (im Folgenden „Kommission“) genehmigt wurden, berücksichtigt.
8
3.
Die länderspezifischen Abkommen regeln insbesondere: die Verteilung der Mittel nach
Themenbereichen, die Unterstützungsmassnahmen, die Verwaltungs- und Kontrollstrukturen, die
anwendbaren Voraussetzungen sowie die zuständigen Behörden in den jeweiligen Partnerstaaten.
Sie enthalten ausserdem spezifische Bestimmungen zum Verfahren und zu den Massnahmen nach
Artikel 13 Absatz 5
.
4.
Für jede Beitragsperiode werden die länderspezifischen Mittelzuweisungen im Bereich
Kohäsion spätestens zwei Jahre nach Beginn der entsprechenden Beitragsperiode mit dem
Abschluss der jeweiligen länderspezifischen Abkommen für die Partnerstaaten verpflichtet.
5.
Falls ein Teil eines bestimmten finanziellen Beitrags der Schweiz für die Bewältigung anderer
wichtiger gemeinsamer Herausforderungen vorgesehen ist, werden die länderspezifischen
Mittelzuweisungen für die identifizierten gemeinsamen Herausforderungen spätestens fünf Jahre
nach Beginn der entsprechenden Beitragsperiode mit dem Abschluss der jeweiligen
länderspezifischen Abkommen für die Partnerstaaten verpflichtet.
6.
Falls die die länderspezifischen Abkommen nach Absatz 4 und Absatz 5 nicht in den dort
genannten Zeitrahmen abgeschlossen werden, kommt Artikel 16 zur Anwendung.
Sofern der Streitfall gemäss Artikel 16 Absatz 2 dem Schiedsgericht unterbreitet wird, prüft das
Schiedsgericht, ob die Schweiz und der jeweilige Partnerstaat während der Verhandlungen des
länderspezifischen Abkommens nach Treu und Glauben gehandelt haben.
7.
Die Mittel eines finanziellen Beitrags der Schweiz können nur bis zum Ende der jeweiligen
Umsetzungsperiode verwendet werden.
9
ARTIKEL 6
Kommunikation zwischen der Schweiz und der Kommission
1.
Die Schweiz informiert die Kommission über die länderspezifischen Abkommen nach
Artikel 5 Absatz 1 innerhalb eines Monats nach deren Veröffentlichung in der Amtlichen
Sammlung des Bundesrechts der Schweiz.
2.
Die Schweiz und die Kommission tauschen sich jährlich oder nach Bedarf auf technischer
Ebene über die Umsetzung des regelmässigen finanziellen Beitrags der Schweiz aus.
ARTIKEL 7
Kofinanzierungssätze
Bei Unterstützungsmassnahmen, für deren Umsetzung die Partnerstaaten verantwortlich sind,
entsprechen die Kofinanzierungssätze der Schweiz für ihren regelmässigen finanziellen Beitrag den
Kofinanzierungssätzen der Union im Rahmen der Instrumente der Kohäsionspolitik der Union und
anderer relevanter Instrumente, es sei denn, die Schweiz und der Partnerstaat vereinbaren etwas
anderes.
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ARTIKEL 8
Staatliche Beihilfen und Vergabe öffentlicher Aufträge
Die Umsetzung der Unterstützungsmassnahmen erfolgt unter Beachtung der anwendbaren Regeln
für staatliche Beihilfen und die Vergabe öffentlicher Aufträge.
ARTIKEL 9
Haftung
Die Verantwortung der Schweiz beschränkt sich auf die Bereitstellung von Mitteln im Rahmen der
länderspezifischen Abkommen und weiterer Unterstützungsmassnahmen. Dementsprechend
übernimmt die Schweiz keinerlei Haftung gegenüber Dritten.
ARTIKEL 10
Änderungen in der Mitgliedschaft der Union
1.
Bei Änderungen in der Mitgliedschaft der Union, die einen Staat mit einem in
Kaufkraftstandards gemessenen Pro-Kopf-BNE von weniger als 90 % des Unionsdurchschnitts
beim Pro-Kopf-BNE in Kaufkraftstandards betrifft, wird der finanzielle Beitrag der Schweiz ab
dem Zeitpunkt, in dem die Änderung in der Mitgliedschaft erfolgt, verhältnismässig angepasst.
11
Der Bezugszeitraum für die zu verwendenden Daten ist jener, der zu Beginn der jeweiligen
Beitragsperiode im Rahmen des Kohäsionsfonds der Union gilt, oder andernfalls der letzte
Dreijahreszeitraum, für den Daten verfügbar sind.
2.
Die Höhe der Anpassung nach Absatz 1 wird von den Vertragsparteien festgelegt
.
TEIL II
UMSETZUNG UND VERWALTUNG DER MITTEL
ARTIKEL 11
Gemeinsame Werte
Die Umsetzung des regelmässigen finanziellen Beitrags der Schweiz beruht auf den gemeinsamen
Werten der Achtung der Menschenrechte, der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der
Menschenwürde und der Gleichberechtigung.
ARTIKEL 12
Verwaltung des regelmässigen finanziellen Beitrags der Schweiz
1.
Die Schweiz ist für die Gesamtverwaltung ihres regelmässigen finanziellen Beitrags
zuständig.
12
2.
Der Verwaltungsaufwand der Schweiz wird aus dem im MoU nach Artikel 4 Absatz 2
Buchstabe (b) festgelegten Gesamtbetrag des jeweiligen finanziellen Beitrags gedeckt.
ARTIKEL 13
Grundsätze der Umsetzung
1.
Die länderspezifischen Abkommen werden im Sinne einer gleichberechtigten Partnerschaft
zwischen den Partnerstaaten und der Schweiz ausgehandelt und umgesetzt.
2.
Die Umsetzung der vereinbarten Unterstützungsmassnahmen liegt in der Verantwortung der
Partnerstaaten, die zum Zwecke einer ordnungsgemässen Umsetzung und Verwaltung für
angemessene Verwaltungs- und Kontrollsysteme sorgen.
3.
Unterstützungsmassnahmen, die von der Schweiz direkt umgesetzt werden, liegen
unbeschadet von Absatz 2 in der Verantwortung der Schweiz, die zum Zwecke einer
ordnungsgemässen Umsetzung und Verwaltung für angemessene Verwaltungs- und Kontrollsysteme
sorgt.
4.
Die Umsetzung der Unterstützungsmassnahmen erfolgt unter Einhaltung der in Artikel 11
aufgeführten gemeinsamen Werte sowie der Grundsätze der guten Regierungsführung und der
ordnungsgemässen Haushaltsführung und stellt Transparenz, Nichtdiskriminierung, Effizienz und
Rechenschaftspflicht sicher.
Sie beruht auf der gemeinsamen Verpflichtung der Schweiz und der Partnerstaaten, jegliche Form
von Korruption bei der Umsetzung des finanziellen Beitrags der Schweiz zu bekämpfen und für
wirksame Massnahmen und Verfahren zu sorgen, um unter Berücksichtigung möglicher Risiken
jegliche Handlungen, welche die ordnungsgemässe Mittelverwendung gefährden, zu verhindern, zu
erkennen und dagegen vorzugehen.
13
5.
Bei einer Verletzung der Verpflichtung in Absatz 4, welche die ordnungsgemässe Umsetzung
einer bestimmten Unterstützungsmassnahme gefährdet oder gefährden könnte, kann die Schweiz
nach einer Beurteilung und einem Verfahren, welches dem Partnerstaat ein angemessenes
Anhörungsrecht einräumt, geeignete, verhältnismässige und wirksame Massnahmen bezüglich der
entsprechenden Unterstützungsmassnahme ergreifen.
6.
Die Schweiz kann gemäss ihren innerstaatlichen Anforderungen Kontrollen durchführen. Die
Partnerstaaten leisten zu diesem Zweck alle erforderliche Unterstützung und stellen alle
sachdienlichen Informationen und Unterlagen zur Verfügung.
7.
Werden Prüfungen durchgeführt, tragen die Schweizer Prüfbehörden dem Ansatz der Einzigen
Prüfung und dem Prinzip der Verhältnismässigkeit hinsichtlich des Risikos gebührend Rechnung, um
mehrfache Prüfungen und Verwaltungsüberprüfungen ein und derselben Ausgabe zu vermeiden, mit
dem Ziel, die Kosten für Verwaltungsüberprüfungen und Prüfungen sowie den Verwaltungsaufwand
für die Begünstigten möglichst gering zu halten.
TEIL III
INSTITUTIONELLE BESTIMMUNGEN
ARTIKEL 14
Gemischter Ausschuss
1.
Es wird ein Gemischter Ausschuss eingesetzt.
Der Gemischte Ausschuss setzt sich aus Vertretern der Vertragsparteien zusammen.
14
2.
Der Gemischte Ausschuss wird von einem Vertreter der Union und einem Vertreter der
Schweiz gemeinsam geführt.
3.
Der Gemischte Ausschuss:
(a)
stellt das ordnungsgemässe Funktionieren und die wirksame Verwaltung und Anwendung
dieses Abkommens sicher;
(b)
dient als Gremium für gegenseitige Konsultationen und einen ständigen
Informationsaustausch zwischen den Vertragsparteien, insbesondere um eine Lösung für
Schwierigkeiten bei der Auslegung oder Anwendung des Abkommens gemäss Artikel 16 zu
finden;
(c)
gibt den Vertragsparteien Empfehlungen in Angelegenheiten, die dieses Abkommen betreffen;
(d)
fasst Beschlüsse, soweit in diesem Abkommen vorgesehen; und
(e)
übt sonstige Zuständigkeiten aus, die ihm nach diesem Abkommen übertragen werden.
4.
Der Gemischte Ausschuss fasst seine Beschlüsse einvernehmlich. Die Beschlüsse sind für die
Vertragsparteien bindend; diese treffen alle geeigneten Massnahmen zu ihrer Umsetzung.
5.
Der Gemischte Ausschuss tagt mindestens einmal im Jahr abwechselnd in Brüssel und in
Bern, sofern die Ko-Vorsitzenden nichts anderes beschliessen. Er tagt auch auf Antrag einer der
Vertragsparteien. Die Ko-Vorsitzenden können vereinbaren, dass eine Sitzung des Gemischten
Ausschusses per Video- oder Telekonferenz durchgeführt wird.
15
6.
Der Gemischte Ausschuss beschliesst seine Geschäftsordnung in seiner ersten Sitzung.
7.
Der Gemischte Ausschuss kann die Einsetzung von Arbeits- oder Sachverständigengruppen
beschliessen, die ihn bei der Erfüllung seiner Aufgaben unterstützen.
ARTIKEL 15
Ausschliesslichkeitsgrundsatz
Die Vertragsparteien verpflichten sich, Streitigkeiten betreffend die Auslegung oder Anwendung des
Abkommens ausschliesslich den in diesem Protokoll vorgesehenen Streitbeilegungsmethoden zu
unterstellen.
ARTIKEL 16
Verfahren bei Auslegungs- oder Anwendungsschwierigkeiten
1.
Im Falle von Schwierigkeiten bei der Auslegung oder Anwendung des Abkommens beraten
sich die Vertragsparteien im Gemischten Ausschuss, um eine für beide Seiten annehmbare Lösung
zu finden. Im Hinblick auf eine gründliche Prüfung des Sachverhalts sind dem Gemischten
Ausschuss sämtliche zweckdienlichen Informationen zur Verfügung zu stellen. Der Gemischte
Ausschuss prüft sämtliche Möglichkeiten zur Erhaltung des ordnungsgemässen Funktionierens des
Abkommens.
16
2.
Gelingt es dem Gemischten Ausschuss innerhalb einer Frist von drei Monaten ab dem Datum,
an dem er mit der Angelegenheit befasst wurde, nicht, eine Lösung für die Schwierigkeiten gemäss
Absatz 1 zu finden, so kann jede Vertragspartei verlangen, dass ein Schiedsgericht die Streitigkeit
nach den im Protokoll über das Schiedsgericht (im Folgenden „Protokoll“) festgelegten Regeln
entscheidet.
3.
Wenn das Schiedsgericht eine Streitigkeit zwischen den Vertragsparteien über das Abkommen
beilegt, ist das Schiedsgericht für die Auslegung dieses Abkommens zuständig. Bei der Feststellung
der Vereinbarkeit einer Massnahme mit diesem Abkommen kann das Schiedsgericht, soweit
angezeigt, das Recht jeder Vertragspartei mit Ausnahme dieses Abkommens als Tatsache
berücksichtigen. Dabei folgt das Schiedsgericht der vorherrschenden Auslegung des Rechts jeder
Vertragspartei mit Ausnahme dieses Abkommens durch die Gerichte und Behörden der jeweiligen
Vertragspartei, sowie, soweit angebracht, durch zuständige internationale Streitbeilegungsorgane.
Die Bedeutung, die das Schiedsgericht dem Recht einer Vertragspartei mit Ausnahme dieses
Abkommens gibt, ist für die Gerichte und Behörden der jeweiligen Vertragspartei nicht bindend.
4.
Das Schiedsgericht ist nicht befugt über Streitigkeiten betreffend die Umsetzung der
länderspezifischen Abkommen zu entscheiden.
5.
Die Vertragsparteien ergreifen alle erforderlichen Massnahmen, um dem Schiedsspruch nach
Treu und Glauben Folge zu leisten.
Die Vertragspartei, die gemäss Schiedsgericht gegen das Abkommen verstossen hat, teilt der
anderen Vertragspartei über den Gemischten Ausschuss die Massnahmen mit, die sie ergriffen hat,
um dem Schiedsspruch Folge zu leisten.
17
ARTIKEL 17
Ausgleichsmassnahmen
1.
Wenn die Vertragspartei, die gemäss Schiedsgericht gegen das Abkommen verstossen hat, der
anderen Vertragspartei nicht innerhalb einer angemessenen Frist gemäss Artikel IV.2 Absatz 6 des
Protokolls mitteilt, welche Massnahmen sie zur Umsetzung des Schiedsspruchs ergriffen hat, oder
wenn die andere Vertragspartei der Auffassung ist, dass durch die mitgeteilten Massnahmen dem
Schiedsspruch nicht Folge geleistet wird, kann diese andere Vertragspartei im Rahmen des
Abkommens oder eines anderen bilateralen Abkommens das Teil der in Artikel 3 Buchstabe (a)
definierten Liste der Abkommen ist, verhältnismässige Ausgleichsmassnahmen (im Folgenden
„Ausgleichsmassnahmen“) ergreifen, um ein mögliches Ungleichgewicht zu beheben. Sie notifiziert
der Vertragspartei, die gemäss Schiedsgericht gegen das Abkommen verstossen hat, die
Ausgleichsmassnahmen, die in der Notifikation anzugeben sind. Diese Ausgleichsmassnahmen
werden drei Monate nach ihrer Notifikation wirksam.
2.
Fasst der Gemischte Ausschuss innerhalb eines Monats nach dem Datum der Notifikation der
geplanten Ausgleichsmassnahmen keinen Beschluss zur Aussetzung, Änderung oder Aufhebung
dieser Ausgleichsmassnahmen, so kann jede Vertragspartei die Frage der Verhältnismässigkeit
dieser Ausgleichsmassnahmen gemäss Protokoll der Schiedsgerichtsbarkeit unterstellen.
3.
Das Schiedsgericht entscheidet innerhalb der in Artikel III.8 Absatz 4 des Protokolls
vorgesehenen Fristen.
4.
Ausgleichsmassnahmen gelten nicht rückwirkend. Insbesondere bleiben die bereits vor dem
Wirksamwerden der Ausgleichsmassnahmen erworbenen Rechte und Pflichten von Privatpersonen
und Wirtschaftsakteuren unberührt.
18
TEIL IV
SCHLUSSBESTIMMUNGEN
ARTIKEL 18
Erster regelmässiger finanzieller Beitrag der Schweiz gemäss diesem Abkommen
und einmalige zusätzliche finanzielle Verpflichtung
1.
Die Schweiz leistet ihren ersten finanziellen Beitrag gemäss diesem Abkommen (im
Folgenden „erster finanzieller Beitrag“) vom 1. Januar 2030 bis zum 31. Dezember 2036 gemäss
Anhang II und eine einmalige zusätzliche finanzielle Verpflichtung für den Zeitraum von Ende
2024 bis Ende 2029 gemäss Anhang III.
2.
Soweit die Elemente des ersten finanziellen Beitrags nicht in Anhang II festgelegt sind,
schliessen die Vertragsparteien innerhalb von zwölf Monaten nach Inkrafttreten dieses Abkommens
ein rechtlich unverbindliches MoU ab, um die Verpflichtung nach Absatz 1 erfüllen zu können. Zu
diesem Zweck nimmt der Gemischte Ausschuss unmittelbar nach Inkrafttreten dieses Abkommens
Gespräche auf.
3.
Soweit die Elemente der einmaligen zusätzlichen finanziellen Verpflichtung nicht in
Anhang III festgelegt sind, schliessen die Vertragsparteien innerhalb von zwölf Monaten nach
Inkrafttreten dieses Abkommens ein rechtlich unverbindliches MoU ab, um die Verpflichtung nach
Absatz 1 erfüllen zu können. Zu diesem Zweck nimmt der Gemischte Ausschuss unmittelbar nach
Inkrafttreten dieses Abkommens Gespräche auf.
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4.
Die länderspezifischen Mittelzuweisungen des ersten finanziellen Beitrags der Schweiz im
Bereich Kohäsion und der einmaligen zusätzlichen finanziellen Verpflichtung werden spätestens
drei Jahre nach Inkrafttreten dieses Abkommens mit dem Abschluss der jeweiligen
länderspezifischen Abkommen für die Partnerstaaten verpflichtet.
5.
Die länderspezifischen Mittelzuweisungen des ersten finanziellen Beitrags der Schweiz im
Bereich Migration werden spätestens fünf Jahre nach Beginn der Beitragsperiode mit dem
Abschluss der jeweiligen länderspezifischen Abkommen für die Partnerstaaten verpflichtet.
6.
Falls die MoUs nach Absatz 2 und Absatz 3 nicht in den dort genannten Zeitrahmen
abgeschlossen werden, kommt Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe (c)
mutatis mutandis
zur Anwendung.
7.
Falls die länderspezifischen Abkommen nach Absatz 4 und Absatz 5 nicht in den dort
genannten Zeitrahmen abgeschlossen werden, kommt Artikel 5 Absatz 6
mutatis mutandis
zur
Anwendung.
ARTIKEL 19
Protokoll, Anhänge und Anlagen
Das Protokoll, die Anhänge und die Anlagen in diesem Abkommen sind integraler Bestandteil des
Abkommens.
20
ARTIKEL 20
Inkrafttreten
1.
Dieses Abkommen wird von den Vertragsparteien gemäss ihren eigenen Verfahren ratifiziert
oder genehmigt. Die Vertragsparteien notifizieren einander den Abschluss der internen Verfahren, die
für das Inkrafttreten dieses Abkommens erforderlich sind.
2.
Dieses Abkommen tritt am ersten Tag des zweiten Monats in Kraft, der auf die letzte
Notifikation betreffend die folgenden Instrumente folgt:
(a)
Institutionelles Protokoll zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und
ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über
die Freizügigkeit;
(b)
Änderungsprotokoll zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren
Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die
Freizügigkeit;
(c)
Institutionelles Protokoll zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der
Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Luftverkehr;
(d)
Änderungsprotokoll zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der
Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Luftverkehr;
21
(e)
Protokoll über staatliche Beihilfen zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft
und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Luftverkehr;
(f)
Institutionelles Protokoll zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der
Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Güter- und Personenverkehr auf Schiene und
Strasse;
(g)
Änderungsprotokoll zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der
Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Güter- und Personenverkehr auf Schiene und
Strasse;
(h)
Protokoll über staatliche Beihilfen zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft
und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Güter- und Personenverkehr auf
Schiene und Strasse;
(i)
Änderungsprotokoll zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der
Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen;
(j)
Institutionelles Protokoll zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der
Schweizerischen Eidgenossenschaft über die gegenseitige Anerkennung von
Konformitätsbewertungen;
(k)
Änderungsprotokoll zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der
Schweizerischen Eidgenossenschaft über die gegenseitige Anerkennung von
Konformitätsbewertungen;
(l)
Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft
einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Teilnahme der
Schweizerischen Eidgenossenschaft an Programmen der Union;
22
(m) Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Schweizerischen Eidgenossenschaft
über die Modalitäten und Bedingungen für die Beteiligung der Schweizerischen
Eidgenossenschaft an der Agentur der Europäischen Union für das Weltraumprogramm.
ARTIKEL 21
Kündigung
Jede Vertragspartei kann dieses Abkommen durch Notifikation gegenüber der anderen Vertragspartei
kündigen. Das Abkommen tritt sechs Monate nach Eingang dieser Notifikation ausser Kraft.
Geschehen zu […] am […] in zweifacher Ausfertigung in bulgarischer, dänischer, deutscher,
englischer, estnischer, finnischer, französischer, griechischer, irischer, italienischer, kroatischer,
lettischer, litauischer, maltesischer, niederländischer, polnischer, portugiesischer, rumänischer,
schwedischer, slowakischer, slowenischer, spanischer, tschechischer und ungarischer Sprache,
wobei jeder dieser Wortlaute gleichermassen verbindlich ist.
ZU URKUND DESSEN haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichnenden dieses Abkommen
unterzeichnet.
(Unterschriftenblock, entsprechende Formulierung in allen 24 Amtssprachen der EU: „Für die
Schweizerische Eidgenossenschaft “ und „Für die Europäische Union“)
1
ANHANG I
ELEMENTE FÜR
DEN REGELMÄSSIGEN FINANZIELLEN BEITRAG DER SCHWEIZ
GEMÄSS ARTIKEL 4 ABSATZ 2 BUCHSTABE (A)
IN DEN FOLGENDEN BEITRAGSPERIODEN
1.
Die Höhe des finanziellen Beitrags der Schweiz für die jeweilige Beitragsperiode wird auf der
Grundlage der folgenden Elemente festgelegt:
(a)
Die Höhe des finanziellen Beitrags der Schweiz in der vorherigen Beitragsperiode,
angepasst
pro rata temporis
an die Dauer der jeweiligen Beitragsperiode,
gegebenenfalls einschliesslich einer Anpassung nach Artikel 10, angepasst
pro rata
temporis
an die Dauer der jeweiligen Beitragsperiode;
(b)
Eine Erhöhung oder Reduktion der Beitragshöhe aufgrund von Buchstabe (a) gemäss
der in Anlage 1 dargelegten Methode, die folgende Faktoren berücksichtigt:
(i)
Die Inflation in der Schweiz, gemessen am Harmonisierten Verbraucherpreisindex
(im Folgenden „HVPI“) der Schweiz, und
(ii)
Ein Ausgleichsfaktor, der Abweichungen zwischen der Inflation in der Schweiz
und der Inflation in den Partnerstaaten ausgleicht, soweit diese nicht bereits durch
die Entwicklung des Wechselkurses ausgeglichen wurden, um die Kaufkraft des
regelmässigen finanziellen Beitrags der Schweiz zu erhalten;
2
(c)
Eine Erhöhung oder Reduktion der gemäss den Buchstaben (a) und (b) festgelegten
Beitragshöhe aus politischen Überlegungen. Eine solche Erhöhung oder Reduktion darf
10 % der gemäss den Buchstaben (a) und (b) festgelegten Beitragshöhe nicht
überschreiten.
2.
Der für den Bereich Kohäsion bestimmte Anteil des finanziellen Beitrags der Schweiz für die
jeweilige Beitragsperiode beträgt mindestens 90 % des gemäss Absatz 1 festgelegten Betrags.
3.
Der im Bereich Kohäsion für länderspezifische Abkommen bestimmte Anteil des finanziellen
Beitrags der Schweiz für die jeweilige Beitragsperiode beträgt mindestens 90 % des gemäss
Absatz 2 festgelegten Betrags des finanziellen Beitrags der Schweiz in diesem Bereich.
4.
Der für länderspezifische Abkommen im Bereich Kohäsion bestimmte Betrag wird den
Partnerstaaten nach Massgabe des Verteilschlüssels in Anlage 2 zugewiesen.
3
Anlage 1
METHODE
ZUR BESTIMMUNG DER ANPASSUNG
GEMÄSS ANHANG I ABSATZ 1 BUCHSTABE (B)
Die in Anhang 1 Absatz 1 Buchstabe (b) genannte Erhöhung oder Reduktion wird nach folgender
Methode berechnet:
1.
Der unter Anwendung von Anhang I Absatz 1 Buchstabe (a) ermittelte Betrag wird mit dem
Indexierungsfaktor gemäss Absatz 2 dieser Anlage multipliziert.
2.
Der Indexierungsfaktor ist das Produkt aus:
(a)
der Inflation in der Schweiz, gemessen am HVPI der Schweiz des letzten Jahres,
berechnet als arithmetisches Mittel der letzten verfügbaren 12 Monate zum Zeitpunkt
der Berechnung, gegenüber dem HVPI der Schweiz des ersten Jahres des
vorangegangenen Beitragsperiode, berechnet als arithmetisches Mittel der 12 Monate
dieses Kalenderjahres; und
(b)
einem Ausgleichsfaktor, gemessen am Verhältnis des realen Wechselkurses der Gruppe
der Partnerstaaten im Bereich Kohäsion während der vorangegangenen Beitragsperiode
gegenüber der Schweiz zwischen dem letzten Jahr und dem ersten Jahr der
vorangegangenen Beitragsperiode, der die reale Auf- oder Abwertung widerspiegelt, die
diese Gruppe in diesem Zeitraum erfahren hat.
4
Für die Zwecke dieser Berechnung des Indexierungsfaktors gilt Folgendes:
(i)
Der reale Wechselkurs der Gruppe der Partnerstaaten im Bereich Kohäsion während der
vorangegangenen Beitragsperiode entspricht dem nominalen Wechselkurs dieser
Partnerstaaten gegenüber dem Schweizer Franken, multipliziert mit dem HVPI-
Aggregat dieser Partnerstaaten und dividiert durch den HVPI der Schweiz.
Eine reale Aufwertung für diese Gruppe von Partnerstaaten bedeutet einen Anstieg des
realen Wechselkurses; eine reale Abwertung für die Gruppe der Partnerstaaten bedeutet
einen Rückgang des realen Wechselkurses.
(ii)
Das HVPI-Aggregat dieser Partnerstaaten entspricht dem arithmetischen
Zwölfmonatsmittel des HVPI für diese Gruppe von Partnerstaaten unter Anwendung
der HVPI-Methodik gemäss Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und
der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Zusammenarbeit im Bereich der
Statistik, geschehen zu Luxemburg am 26. Oktober 2004, wobei die Gewichte dem in
Anlage 2 festgelegten Verteilschlüssel entsprechen.
(iii) Der nominale Wechselkurs der Partnerstaaten gegenüber dem Schweizer Franken
entspricht dem gewichteten arithmetischen Mittel der nominalen Wechselkurse dieser
Partnerstaaten gegenüber dem Schweizer Franken, wobei die Gewichte dem in Anlage 2
festgelegten Verteilschlüssel entsprechen. Die bei der Berechnung für ein bestimmtes
Jahr verwendeten nominalen Wechselkurse entsprechen dem Zwölfmonatsmittel der aus
den täglichen Wechselkursen abgeleiteten monatlichen Daten für dieses Jahr.
5
Die Kommission berechnet den Ausgleichsfaktor gemäss Absatz 2 Buchstabe (b) dieser
Anlage. Die Kommission teilt die Berechnung einen Monat nach Erstellung im Gemischten
Ausschuss mit der Schweiz.
3.
Liegen für ein bestimmtes Jahr keine Daten vor, werden für dieses Jahr die Daten der zum
Zeitpunkt der Berechnung letzten verfügbaren zwölf Monate verwendet.
4.
Die für die Berechnung des Indexierungsfaktors verwendeten HVPI- und Wechselkursdaten
werden vom Statistischen Amt der Union (im Folgenden „Eurostat“) auf der Grundlage der
von Eurostat veröffentlichten Statistiken unter Berücksichtigung des Abkommens zwischen
der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die
Zusammenarbeit im Bereich der Statistik, geschehen zu Luxemburg am 26. Oktober 2004,
bereitgestellt. Die Daten zu den Wechselkursen werden bei Bedarf den öffentlichen
Datenbanken der Europäischen Zentralbank, der Zentralbanken der Partnerstaaten und/oder
der Schweizerischen Nationalbank entnommen.
6
Anlage 2
VERTEILSCHLÜSSEL FÜR
DEN REGELMÄSSIGEN FINANZIELLEN BEITRAG DER SCHWEIZ
IM BEREICH KOHÄSION
Die Mittelzuweisung eines Partnerstaats aus dem finanziellen Beitrag der Schweiz im Bereich
Kohäsion für eine bestimmte Beitragsperiode entspricht dem wie folgt ermittelten Prozentsatz am
finanziellen Beitrag der Schweiz im Bereich Kohäsion:
(a)
Berechnung des arithmetischen Mittelwerts des Bevölkerungs- und des Flächenanteils des
Partnerstaats an der Gesamtbevölkerung und Gesamtfläche aller Partnerstaaten. Übersteigt
jedoch der Anteil eines Partnerstaats an der Gesamtbevölkerung seinen Anteil an der
Gesamtfläche um einen Faktor von fünf oder mehr, was einer extrem hohen
Bevölkerungsdichte entspricht, so wird für diesen Schritt nur der Anteil an der
Gesamtbevölkerung herangezogen;
(b)
Reduktion oder Erhöhung der sich aus der Berechnung gemäss Buchstabe (a) ergebenden
Prozentsätze durch Anwendung eines Koeffizienten, der einem Drittel des Prozentsatzes
entspricht, um den das in Kaufkraftstandards gemessene Pro-Kopf-BNE des jeweiligen
Partnerstaats das durchschnittliche Pro-Kopf-BNE aller Partnerstaaten (Durchschnitt entspricht
100 %) über- oder unterschreitet.
(c)
Reskalierung der sich aus der Berechnung gemäss Buchstabe (b) ergebenden Anteile, so dass
ihre Summe 100 % ergibt.
7
Der Bezugszeitraum für die zu verwendenden Daten ist jener, der zu Beginn der jeweiligen
Beitragsperiode im Rahmen des Kohäsionsfonds der Union gilt, oder andernfalls der letzte
Dreijahreszeitraum, für welchen Daten verfügbar sind.
________________
1
ANHANG II
ERSTER FINANZIELLER BEITRAG DER SCHWEIZ
GEMÄSS DIESEM ABKOMMEN FÜR DEN ZEITRAUM 2030–2036
1.
Der erste finanzieller Beitrag der Schweiz gemäss diesem Abkommen (im Folgenden „erster
finanzieller Beitrag“) für den Zeitraum vom 1. Januar 2030 bis zum 31. Dezember 2036
(„Beitragsperiode“) beläuft sich auf 350 000 000 CHF für jedes Jahr dieses Zeitraums.
2.
Vom in Absatz 1 genannten Betrag werden für jedes Jahr der Beitragsperiode 308 000 000
CHF der Zusammenarbeit im Bereich der Kohäsion und 42 000 000 CHF der
Zusammenarbeit im Bereich der Migration zugewiesen.
3.
Der erste finanzielle Beitrag der Schweiz trägt zu den in Artikel 1 dieses Abkommens
genannten Zielen bei.
4.
Der erste finanzielle Beitrag der Schweiz wird über einen Zeitraum von zehn Jahren
umgesetzt („Umsetzungsperiode“), beginnend am selben Datum wie die Beitragsperiode.
5.
Der für länderspezifische Abkommen bestimmte Anteil des finanziellen Beitrags im Bereich
Kohäsion beträgt mindestens 90 % des diesem Bereich zugewiesenen Betrags.
6.
Bis zu 5 % der jeweiligen Beträge für die Zusammenarbeit in den Bereichen Kohäsion und
Migration stehen der Schweiz zur Deckung des Verwaltungsaufwands und bis zu 2 % zur
Weitergabe von Schweizer Expertise zur Verfügung (Schweizer Expertise- und
Partnerschaftsfonds).
2
7.
Partnerstaaten der Zusammenarbeit im Bereich Kohäsion sind Mitgliedstaaten der Union mit
einem in Kaufkraftstandards gemessenen Pro-Kopf-BNE von weniger als 90 % des
Unionsdurchschnitts beim Pro-Kopf-BNE in Kaufkraftstandards im selben Bezugszeitraum.
Der Bezugszeitraum für die zu verwendenden Daten ist jener, der zu Beginn der jeweiligen
Beitragsperiode zur Bestimmung der im Rahmen des Kohäsionsfonds der Union
förderfähigen Mitgliedstaaten der Union gilt.
8.
Potenzielle Partnerstaaten im Bereich Migration sind Mitgliedstaaten der Union mit
besonderem Migrationsdruck und/oder solche, bei denen sich die Schweiz und der jeweilige
Mitgliedstaat auf eine notwendige Stärkung der Migrationsgouvernanz einigen.
9.
In den Zusammenarbeitsbereichen Kohäsion und Migration können sich die Vertragsparteien
darauf verständigen, einen bestimmten Betrag für einen themenspezifischen Fonds
(Kohäsion) oder einen Rapid Response Fund (Migration) vorzusehen. Gegebenenfalls werden
die Elemente im MoU nach Artikel 18 Absatz 2 dieses Abkommens festgelegt.
10.
Die Themenbereiche der Zusammenarbeit im Rahmen des ersten finanziellen Beitrags der
Schweiz bauen auf der erfolgreichen Zusammenarbeit unter dem vorangegangenen Schweizer
Beitrag an ausgewählte Mitgliedstaaten der Union auf. Sie ergänzen die Anstrengungen der
Union in den Bereichen Kohäsion und Migrationsmanagement zum Zeitpunkt des Beginns
der Beitragsperiode.
11.
Unter Beachtung von Artikel 18 Absatz 2 des Abkommens legen die Vertragsparteien im
MoU die Schwerpunkte basierend auf den folgenden Themenbereichen fest:
(a)
Kohäsion:
(i)
inklusive menschliche und soziale Entwicklung;
3
(ii)
nachhaltige und inklusive wirtschaftliche Entwicklung;
(iii)
ökologischer Wandel sowie
(iv)
Demokratie und Partizipation.
(b)
Migration.
________________
1
ANHANG III
EINMALIGE ZUSÄTZLICHE FINANZIELLE VERPFLICHTUNG DER SCHWEIZ
FÜR DEN ZEITRAUM VON
ENDE 2024 BIS ENDE 2029
1.
Gemäss Artikel 18 dieses Abkommens leistet die Schweiz für den Zeitraum von Ende 2024
bis Ende 2029 eine einmalige zusätzliche finanzielle Verpflichtung, die den Umfang der
Partnerschaft und der Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der Union in diesem
Zeitraum widerspiegelt. Diese einmalige zusätzliche finanzielle Verpflichtung beträgt
130 000 000 CHF pro Jahr bis zum Inkrafttreten der in Artikel 20 Absatz 2 dieses
Abkommens aufgeführten Abkommen sowie 350 000 000 CHF pro Jahr für den Zeitraum
zwischen dem Inkrafttreten der in Artikel 20 Absatz 2 dieses Abkommens aufgeführten
Abkommen und Ende 2029. Für das Jahr, in dem die in Artikel 20 Absatz 2 dieses
Abkommens aufgeführten Abkommen in Kraft treten wird die einmalige zusätzliche
Verpflichtung
pro rata temporis
berechnet.
2.
Die einmalige zusätzliche finanzielle Verpflichtung der Schweiz wird über einen Zeitraum
von zehn Jahren umgesetzt („Umsetzungsperiode“), beginnend am selben Datum wie die
Beitragsperiode des ersten finanziellen Beitrags der Schweiz.
3.
Die einmalige zusätzliche finanzielle Verpflichtung wird für die Zusammenarbeit im Bereich
Kohäsion verwendet.
4.
Der für länderspezifische Abkommen bestimmte Anteil der einmaligen zusätzlichen
finanziellen Verpflichtung beträgt mindestens 90 % der einmaligen zusätzlichen finanziellen
Verpflichtung der Schweiz.
2
5.
Bis zu 5 % des Betrags der einmaligen zusätzlichen finanziellen Verpflichtung stehen der
Schweiz zur Deckung des Verwaltungsaufwands und bis zu 2 % zur Weitergabe von
Schweizer Expertise zur Verfügung (Schweizer Expertise- und Partnerschaftsfonds).
6.
Partnerstaaten der Zusammenarbeit sind Mitgliedstaaten der Union mit einem in
Kaufkraftstandards gemessenen Pro-Kopf-BNE von weniger als 90 % des
Unionsdurchschnitts beim Pro-Kopf-BNE in Kaufkraftstandards im selben Bezugszeitraum.
Der Bezugszeitraum für die zu verwendenden Daten ist jener, der zu Beginn der jeweiligen
Umsetzungsperiode der einmaligen zusätzlichen Verpflichtung zur Bestimmung der im
Rahmen des Kohäsionsfonds der Union förderfähigen Mitgliedstaaten der Union gilt.
7.
Die Vertragsparteien können sich darauf verständigen, einen bestimmten Betrag für einen
themenspezifischen Fonds im Bereich Kohäsion vorzusehen. Gegebenenfalls werden die
Elemente im MoU nach Artikel 18 Absatz 3 dieses Abkommens festgelegt.
8.
Die Ziele und die Bestimmungen für die Umsetzung des regelmässigen finanziellen Beitrags
der Schweiz, die in dem Abkommen festgelegt sind, gelten
mutatis mutandis
für die einmalige
zusätzliche finanzielle Verpflichtung, sofern in Artikel 18 dieses Abkommens und in diesem
Anhang nichts anderes vorgesehen ist.
9.
Die Themenbereiche der Zusammenarbeit im Rahmen der einmaligen zusätzlichen
finanziellen Verpflichtung der Schweiz bauen auf der erfolgreichen Zusammenarbeit unter
dem vorangegangenen Schweizer Beitrag an ausgewählte Mitgliedstaaten der Union auf. Sie
ergänzen die Anstrengungen der Union im Bereich Kohäsion zum Zeitpunkt des Beginns der
Umsetzungsperiode der einmaligen zusätzlichen finanziellen Verpflichtung.
3
10.
Unter Beachtung von Artikel 18 Absatz 3 des Abkommens legen die Vertragsparteien im
MoU die Schwerpunkte basierend auf den folgenden Themenbereichen fest:
(i)
inklusive menschliche und soziale Entwicklung;
(ii)
nachhaltige und inklusive wirtschaftliche Entwicklung;
(iii)
ökologischer Wandel sowie
(iv)
Demokratie und Partizipation.
________________
1
PROTOKOLL
ÜBER DAS SCHIEDSGERICHT
KAPITEL I
EINLEITENDE BESTIMMUNGEN
ARTIKEL I.1
Geltungsbereich
Wenn eine der Vertragsparteien (im Folgenden „Parteien“) eine Streitigkeit gemäss Artikel 16
Absatz 2 oder Artikel 17 Absatz 2 des Abkommens der Schiedsgerichtsbarkeit unterstellt, kommen
die Bestimmungen dieses Protokolls zur Anwendung.
ARTIKEL I.2
Kanzlei und Sekretariatsdienstleistungen
Das Internationale Büro des Ständigen Schiedshofs in Den Haag (im Folgenden „Internationales
Büro“) übernimmt die Aufgaben einer Kanzlei und erbringt die erforderlichen
Sekretariatsdienstleistungen.
2
ARTIKEL I.3
Notifikationen und Berechnung von Fristen
1.
Notifikationen, einschliesslich Mitteilungen und Vorschlägen, können durch alle
Kommunikationsmittel übermittelt werden, die einen Nachweis der Übermittlung gewährleisten
oder ermöglichen.
2.
Solche Notifikationen können nur dann auf elektronischem Weg erfolgen, wenn von einer
Partei eigens für diesen Zweck eine Adresse benannt oder zugelassen wurde.
3.
Solche Notifikationen an die Parteien sind für die Schweiz an die Abteilung Europa des
Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten und für die Union an den
Juristischen Dienst der Kommission zu richten.
4.
Alle Fristen gemäss diesem Protokoll beginnen am Tag nach dem jeweiligen Ereignis oder
der jeweiligen Handlung. Fällt der letzte Tag der Zustellungsfrist für eine Unterlage auf einen
arbeitsfreien Tag der Organe der Union oder der Regierung der Schweiz, so endet die Frist für die
Zustellung der Unterlage am ersten darauffolgenden Arbeitstag. Arbeitsfreie Tage, die in die Frist
fallen, werden mitgerechnet.
3
ARTIKEL I.4
Schiedsanzeige
1.
Die das Schiedsverfahren einleitende Partei (im Folgenden „klagende Partei“) übermittelt der
anderen Partei (im Folgenden „beklagte Partei“) und dem Internationalen Büro eine Schiedsanzeige.
2.
Das Schiedsverfahren gilt als an dem Tag eingeleitet, der auf den Tag des Eingangs der
Schiedsanzeige bei der beklagten Partei folgt.
3.
Die Schiedsanzeige muss folgende Angaben enthalten:
(a)
den Antrag, die Streitigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit zu unterstellen;
(b)
die Namen und Kontaktdaten der Parteien;
(c)
den Namen und die Adresse des Vertreters (der Vertreter) der klagenden Partei;
(d)
die Rechtsgrundlage des Verfahrens (Artikel 16 Absatz 2 oder Artikel 17 Absatz 2 des
Abkommens) und:
(i)
in den Fällen nach Artikel 16 Absatz 2 des Abkommens die strittige Frage, wie sie
gemäss Artikel 16 Absatz 1 des Abkommens zwecks Beilegung offiziell auf die
Tagesordnung des Gemischten Ausschusses gesetzt wurde; und
(ii)
in den Fällen nach Artikel 17 Absatz 2 des Abkommens den Schiedsspruch, etwaige
Umsetzungsmassnahmen gemäss Artikel 16 Absatz 5 des Abkommens sowie die
strittigen Ausgleichsmassnahmen;
4
(e)
die Bezeichnung aller Bestimmungen, die der Streitigkeit zugrunde liegen oder damit
zusammenhängen;
(f)
eine kurze Beschreibung der Streitigkeit; und
(g)
die Benennung eines Schiedsrichters oder, falls fünf Schiedsrichter zu bestellen sind, die
Benennung von zwei Schiedsrichtern.
4.
Die Bestellung des Schiedsgerichts wird durch die Beanstandung der Hinlänglichkeit der
Schiedsanzeige nicht verhindert. Die Streitigkeit wird vom Schiedsgericht endgültig entschieden.
ARTIKEL I.5
Antwort auf die Schiedsanzeige
1.
Die beklagte Partei übermittelt der klagenden Partei und dem Internationalen Büro innerhalb
von 60 Tagen nach Empfang der Schiedsanzeige eine Antwort auf die Schiedsanzeige, die folgende
Angaben enthalten muss:
(a)
die Namen und Kontaktdaten der Parteien;
(b)
den Namen und die Adresse des Vertreters (der Vertreter) der beklagten Partei;
(c)
eine Antwort auf die in der Schiedsanzeige gemäss Artikel I.4 Absatz 3 Buchstaben (d) bis (f)
aufgeführten Angaben und
5
(d)
die Benennung eines Schiedsrichters oder, falls fünf Schiedsrichter zu bestellen sind, die
Benennung von zwei Schiedsrichtern.
2.
Die Bestellung des Schiedsgerichts wird durch eine fehlende oder eine unvollständige oder
verspätete Antwort der beklagten Partei auf die Schiedsanzeige nicht verhindert. Die Streitigkeit
wird vom Schiedsgericht endgültig entschieden.
3.
Fordert die beklagte Partei in ihrer Antwort auf die Schiedsanzeige die Bestellung eines
Schiedsgerichts mit fünf Schiedsrichtern, so benennt die klagende Partei innerhalb von 30 Tagen
nach Erhalt der Antwort auf die Schiedsanzeige einen zusätzlichen Schiedsrichter.
ARTIKEL I.6
Vertretung und Beistand
1.
Die Parteien werden von einem oder mehreren Vertretern vor dem Schiedsgericht vertreten.
Die Vertreter können den Beistand von Beratern oder von Rechtsanwälten in Anspruch nehmen.
2.
Jeder Wechsel der Vertreter oder ihrer Adressen muss der anderen Partei, dem Internationalen
Büro und dem Schiedsgericht notifiziert werden. Das Schiedsgericht kann jederzeit von sich aus
oder auf Antrag einer Partei einen Nachweis der Vollmachten verlangen, die die Parteien den
Vertretern erteilt haben.
6
KAPITEL II
ZUSAMMENSETZUNG DES SCHIEDSGERICHTS
ARTIKEL II.1
Anzahl der Schiedsrichter
Das Schiedsgericht setzt sich aus drei Schiedsrichtern zusammen. Stellt die klagende Partei in ihrer
Schiedsanzeige oder die beklagte Partei in ihrer Antwort auf die Schiedsanzeige einen
entsprechenden Antrag, so setzt sich das Schiedsgericht aus fünf Schiedsrichtern zusammen.
ARTIKEL II.2
Bestellung der Schiedsrichter
1.
Sind drei Schiedsrichter zu bestellen, so benennt jede Partei einen Schiedsrichter. Die beiden
von den Parteien bestellten Schiedsrichter wählen den dritten Schiedsrichter, der den Vorsitz des
Schiedsgerichts innehat.
2.
Sind fünf Schiedsrichter zu bestellen, so benennt jede Partei zwei Schiedsrichter. Die vier von
den Parteien bestellten Schiedsrichter wählen den fünften Schiedsrichter, der den Vorsitz des
Schiedsgerichts innehat.
7
3.
Haben sich die Schiedsrichter nicht innerhalb von 30 Tagen nach der Bestellung des letzten
Schiedsrichters durch die Parteien auf den Vorsitzenden des Schiedsgerichts geeinigt, so wird der
Vorsitzende vom Generalsekretär des Ständigen Schiedshofs bestellt.
4.
Um die Wahl der Schiedsrichter für das Schiedsgericht zu erleichtern, wird eine indikative
Liste mit Personen, die über die notwendigen Qualifikationen gemäss Absatz 6 verfügen, erstellt
und bei Bedarf aktualisiert. Diese Liste ist allen bilateralen Abkommen in den Bereichen betreffend
den Binnenmarkt, an denen die Schweiz teilnimmt, sowie dem Abkommen zwischen der
Europäischen Union und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Gesundheit, geschehen
zu […] am […] (im Folgenden „Gesundheitsabkommen“), dem Abkommen zwischen der
Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Handel mit
landwirtschaftlichen Erzeugnissen, geschehen zu Luxemburg am 21. Juni 1999 (im Folgenden
„Abkommen über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen“), und dem Abkommen
zwischen der Europäischen Union und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den
regelmässigen finanziellen Beitrag der Schweiz zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen
Ungleichheiten in der Europäischen Union, geschehen zu […] am […] (im Folgenden „Abkommen
über den regelmässigen finanziellen Beitrag der Schweiz“), gemeinsam. Der Gemischte Ausschuss
erstellt und aktualisiert diese Liste durch Beschluss für die Zwecke des Abkommens.
5.
Bezeichnet eine Partei keinen Schiedsrichter, so bestellt der Generalsekretär des Ständigen
Schiedshofs diesen Schiedsrichter von der Liste gemäss Absatz 4. In Ermangelung einer solchen
Liste wird der Schiedsrichter vom Generalsekretär des Ständigen Schiedshofs per Losentscheid aus
einem Kreis von Personen bestellt, die von einer oder beiden Parteien für die Zwecke von Absatz 4
formell vorgeschlagen wurden.
8
6.
In das Schiedsgericht sind hochqualifizierte Personen mit oder ohne Verbindungen zu den
Parteien zu bestellen, die nachweislich unabhängig und frei von Interessenkonflikten sind und über
ein breites Erfahrungsspektrum verfügen. Sie verfügen insbesondere über ausgewiesene juristische
Kenntnisse und Fachkompetenzen in den von diesem Abkommen abgedeckten Bereichen, sie
dürfen keine Weisungen von den Parteien entgegennehmen, und sie handeln in persönlicher
Eigenschaft und dürfen keine Weisungen einer Organisation oder Regierung bezüglich
Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Streitigkeit entgegennehmen. Der Vorsitzende des
Schiedsgerichts besitzt zudem Erfahrung in Streitbeilegungsverfahren.
ARTIKEL II.3
Erklärungen der Schiedsrichter
1.
Wird an eine Person im Zusammenhang mit ihrer möglichen Bestellung zum Schiedsrichter
herangetreten, so hat sie alle Umstände offenzulegen, die geeignet sind, berechtigte Zweifel an ihrer
Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit aufkommen zu lassen. Ein Schiedsrichter hat ab dem
Zeitpunkt seiner Bestellung und während des ganzen Schiedsverfahrens den Parteien und den
übrigen Schiedsrichtern derartige Umstände unverzüglich offenzulegen, sofern er es nicht bereits
getan hat.
2.
Jeder Schiedsrichter kann abgesetzt werden, wenn Umstände vorliegen, die Anlass zu
berechtigten Zweifeln an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit geben.
3.
Eine Partei kann einen von ihr bestellten Schiedsrichter nur aus Gründen absetzen, von denen
sie erst nach seiner Bestellung Kenntnis erhalten hat.
4.
Falls ein Schiedsrichter untätig bleibt oder
de iure
oder
de facto
nicht in der Lage ist, seine
Aufgaben wahrzunehmen, kommt das Verfahren zur Absetzung eines Schiedsrichters nach
Artikel II.4 zur Anwendung.
9
ARTIKEL II.4
Absetzung von Schiedsrichtern
1.
Eine Partei, die einen Schiedsrichter absetzen möchte, reicht innerhalb von 30 Tagen,
nachdem ihr die Bestellung dieses Schiedsrichters notifiziert wurde, oder innerhalb von 30 Tagen,
nachdem ihr die in Artikel II.3 genannten Umstände zur Kenntnis gelangt sind, ein
Absetzungsgesuch ein.
2.
Das Absetzungsgesuch ist der anderen Partei, dem abgesetzten Schiedsrichter, den übrigen
Schiedsrichtern und dem Internationalen Büro zu übermitteln. Im Gesuch sind die Gründe für die
Absetzung anzugeben.
3.
Wurde ein Absetzungsgesuch eingereicht, so kann die andere Partei dem Absetzungsgesuch
zustimmen. Der betreffende Schiedsrichter kann auch von seinem Amt zurücktreten. Die
Zustimmung oder der Rücktritt bedeutet keine Anerkennung der Gründe für das Absetzungsgesuch.
4.
Stimmt die andere Partei dem Absetzungsgesuch nicht innerhalb von 15 Tagen nach
Notifikation desselben zu oder tritt der betreffende Schiedsrichter nicht von seinem Amt zurück, so
kann die Partei, die das Absetzungsgesuch gestellt hat, den Generalsekretär des Ständigen
Schiedshofs bitten, über die Absetzung zu entscheiden.
5.
Sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren, ist die Entscheidung gemäss Absatz 4 zu
begründen.
10
ARTIKEL II.5
Ersatz eines Schiedsrichters
1.
Falls ein Schiedsrichter während des Schiedsverfahrens ersetzt werden muss, wird unter
Vorbehalt von Absatz 2 dieses Artikels ein Ersatzschiedsrichter nach dem in Artikel II.2
vorgesehenen Verfahren, das bei der Bestellung oder der Wahl des zu ersetzenden Schiedsrichters
zur Anwendung kam, bestellt oder ausgewählt. Dieses Verfahren kommt auch dann zur
Anwendung, wenn eine Partei ihr Recht, den zu ersetzenden Schiedsrichter zu bestellen oder an
dessen Bestellung teilzunehmen, nicht wahrgenommen hat.
2.
Wird ein Schiedsrichter ersetzt, so wird das Verfahren an der Stelle wieder aufgenommen, an
welcher der ersetzte Schiedsrichter ausgeschieden ist, sofern das Schiedsgericht nicht anders
entscheidet.
ARTIKEL II.6
Haftungsausschluss
Ausser in Fällen vorsätzlichen Fehlverhaltens oder grober Fahrlässigkeit verzichten die Parteien im
nach dem anwendbaren Recht grösstmöglich zulässigen Umfang auf Klagen gegen die
Schiedsrichter wegen Handlungen oder Unterlassungen im Zusammenhang mit dem
Schiedsverfahren.
11
KAPITEL III
SCHIEDSVERFAHREN
ARTIKEL III.1
Allgemeine Bestimmungen
1.
Als Tag der Einsetzung des Schiedsgerichts gilt der Tag, an dem der letzte Schiedsrichter
seine Bestellung annimmt.
2.
Das Schiedsgericht sorgt dafür, dass die Parteien gleich behandelt werden und dass jeder
Partei in einem geeigneten Stadium des Verfahrens hinreichend Gelegenheit gegeben wird, ihre
Rechte geltend zu machen und ihren Fall vorzutragen. Das Schiedsgericht führt das Verfahren so
durch, dass Verzögerungen und unnötige Kosten vermieden werden und die Streitigkeit zwischen
den Parteien beigelegt werden kann.
3.
Eine mündliche Verhandlung wird durchgeführt, sofern das Schiedsgericht nach Anhörung
der Parteien nicht anders entscheidet.
4.
Mitteilungen einer Partei an das Schiedsgericht sind über das Internationale Büro zu
übermitteln, wobei der anderen Partei gleichzeitig eine Kopie zuzustellen ist. Das Internationale
Büro sendet jedem Schiedsrichter eine Kopie der Mitteilung.
12
ARTIKEL III.2
Ort des Schiedsverfahrens
Ort des Schiedsverfahrens ist Den Haag. Falls ausserordentliche Umstände es erfordern, kann das
Schiedsgericht an jedem anderen Ort zusammentreten, der ihm für seine Beratungen geeignet
erscheint.
ARTIKEL III.3
Sprache
1.
Verfahrenssprachen sind Französisch und Englisch.
2.
Das Schiedsgericht kann anordnen, dass alle der Klageschrift oder der Klageerwiderung
beigefügten Unterlagen und alle weiteren Unterlagen, die im Laufe des Verfahrens in ihrer
Originalsprache eingereicht werden, mit einer Übersetzung in einer der Verfahrenssprachen zu
versehen sind.
ARTIKEL III.4
Klageschrift
1.
Die klagende Partei übermittelt ihre Klageschrift innerhalb der vom Schiedsgericht
festgesetzten Frist über das Internationale Büro schriftlich der beklagten Partei und dem
Schiedsgericht. Die klagende Partei kann beschliessen, die in Artikel I.4 aufgeführte Schiedsanzeige
als Klageschrift zu erachten, sofern diese auch den Anforderungen von Absätzen 2 und 3 dieses
Artikels entspricht.
13
2.
Die Klageschrift hat folgende Angaben zu enthalten:
(a)
die Angaben gemäss Artikel I.4 Absatz 3 Buchstaben (b) bis (f);
(b)
eine Darstellung des Sachverhalts, auf den die Klage gestützt wird; und
(c)
die rechtlichen Argumente, die zur Begründung der Klage geltend gemacht werden.
3.
Die Klageschrift ist soweit möglich mit allen Unterlagen und weiteren Beweismitteln zu
versehen, auf die sich die klagende Partei stützt, oder sollte darauf Bezug nehmen.
ARTIKEL III.5
Klageerwiderung
1.
Die beklagte Partei übermittelt die Klageerwiderung innerhalb der vom Schiedsgericht
festgesetzten Frist über das Internationale Büro schriftlich der klagenden Partei und dem
Schiedsgericht. Die beklagte Partei kann beschliessen, dass die in Artikel I.5 aufgeführte Antwort
auf die Schiedsanzeige als Klageerwiderung gilt, sofern die Antwort auf die Schiedsanzeige auch
den Anforderungen von Absatz 2 dieses Artikels entspricht.
2.
Die Klageerwiderung nimmt zu den Angaben der Klageschrift gemäss Artikel III.4 Absatz 2
Buchstaben (a) bis (c) dieses Protokolls Stellung. Sie ist soweit möglich mit allen Unterlagen und
weiteren Beweismitteln zu versehen, auf die sich die beklagte Partei stützt, oder sollte darauf Bezug
nehmen.
14
3.
Die beklagte Partei kann in der Klageerwiderung oder in einem späteren Stadium des
Schiedsverfahrens, wenn das Schiedsgericht entscheidet, dass eine Verspätung unter den
Umständen gerechtfertigt ist, Widerklage erheben, sofern das Schiedsgericht dafür zuständig ist.
4.
Artikel III.4 Absätze 2 und 3 finden auch auf die Widerklage Anwendung.
ARTIKEL III.6
Zuständigkeit des Schiedsgerichts
1.
Das Schiedsgericht entscheidet auf der Grundlage von Artikel 16 Absatz 2 oder Artikel 17
Absatz 2 des Abkommens über seine Zuständigkeit.
2.
In den Fällen nach Artikel 16 Absatz 2 des Abkommens hat das Schiedsgericht den Auftrag,
über die strittige Frage, wie sie gemäss Artikel 16 Absatz 1 des Abkommens offiziell auf die
Tagesordnung des Gemischten Ausschusses gesetzt wurde, zu befinden.
3.
In den Fällen nach Artikel 17 Absatz 2 des Abkommens hat das Schiedsgericht, das die
Hauptstreitigkeit verhandelt hat, den Auftrag, über die Verhältnismässigkeit der strittigen
Ausgleichsmassnahmen zu befinden, einschliesslich der Fälle, in denen diese Massnahmen ganz
oder teilweise im Rahmen eines anderen bilateralen Abkommens, das Teil der in Artikel 3
Buchstabe (a) des Abkommens definierten Liste der Abkommen ist, getroffen wurden.
15
4.
Eine Einrede der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts ist spätestens in der Klageerwiderung
oder, im Falle einer Widerklage, in der Replik einzureichen. Eine Partei büsst aufgrund der
Tatsache, dass sie einen Schiedsrichter bestellt oder an der Bestellung eines Schiedsrichters
mitgewirkt hat, nicht das Recht ein, eine solche Einrede zu erheben. Die Einrede, dass die
Streitigkeit die Befugnisse des Schiedsgerichts überschreitet, ist zu erheben, sobald der Sachverhalt,
der angeblich über die Befugnisse des Schiedsgerichts hinausgeht, im Schiedsverfahren zur Sprache
kommt. In jedem Fall kann das Schiedsgericht eine spätere Einrede zulassen, wenn es die
Verspätung für gerechtfertigt hält.
5.
Das Schiedsgericht kann über eine Einrede nach Absatz 4 entweder als Vorfrage oder im
Schiedsspruch entscheiden.
ARTIKEL III.7
Weitere Schriftsätze
Das Schiedsgericht entscheidet nach Anhörung der Parteien, welche weiteren Schriftsätze ausser
der Klageschrift und der Klageerwiderung die Parteien vorlegen müssen oder können, und setzt die
Fristen für deren Übermittlung fest.
16
ARTIKEL III.8
Fristen
1.
Die vom Schiedsgericht für die Übermittlung der Schriftsätze, einschliesslich der Klageschrift
und der Klageerwiderung, festgesetzten Fristen dürfen 90 Tage nicht überschreiten, sofern die
Parteien nichts anderes vereinbaren.
2.
Das Schiedsgericht erlässt seinen endgültigen Schiedsspruch innerhalb von zwölf Monaten
nach seiner Einsetzung. In besonders schwierigen Ausnahmesituationen kann das Schiedsgericht
diese Frist um bis zu drei Monate verlängern.
3.
Die in den Absätzen 1 und 2 festgelegten Fristen werden halbiert:
(a)
auf Antrag der klagenden oder der beklagten Partei, wenn das Schiedsgericht nach der
Anhörung der anderen Partei innerhalb von 30 Tagen nach Antragstellung entscheidet, dass
der Fall dringlich ist;
(b)
in den Fällen nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe (c) und Artikel 18 Absatz 6 des
Abkommens;
(c)
in den Fällen nach Artikel 5 Absatz 6 und Artikel 18 Absatz 7 des Abkommens, in denen die
Schweiz keine länderspezifischen Abkommen abgeschlossen hat; oder
(d)
wenn die Parteien dies vereinbaren.
17
4.
In den Fällen nach Artikel 17 Absatz 2 des Abkommens erlässt das Schiedsgericht seinen
endgültigen Schiedsspruch innerhalb von sechs Monaten ab dem Tag, an dem die
Ausgleichsmassnahmen gemäss Artikel 17 Absatz 1 des Abkommens notifiziert wurden.
ARTIKEL III.9
Vorläufige Massnahmen
1.
In den Fällen nach Artikel 17 Absatz 2 des Abkommens kann jede Partei in jedem Stadium
des Schiedsverfahrens vorläufige Massnahmen beantragen, die in der Aussetzung der
Ausgleichsmassnahmen bestehen.
2.
Anträge nach Absatz 1 bezeichnen den Streitgegenstand, die Umstände, aus denen sich die
Dringlichkeit ergibt, sowie die Sach- und Rechtsgründe, die die Gewährung der beantragten
vorläufigen Massnahmen
prima facie
rechtfertigen. Sie enthalten sämtliche Beweise und
Beweisangebote, die verfügbar sind, um die Gewährung der vorläufigen Massnahmen zu
rechtfertigen.
3.
Die Partei, welche die vorläufigen Massnahmen beantragt, übermittelt ihren Antrag über das
Internationale Büro schriftlich der anderen Partei und dem Schiedsgericht. Das Schiedsgericht setzt
der anderen Partei eine kurze Frist zur schriftlichen oder mündlichen Stellungnahme.
18
4.
Das Schiedsgericht beschliesst innerhalb eines Monats nach der Einreichung des Antrags nach
Absatz 1 die Aussetzung der strittigen Ausgleichsmassnahmen, sofern die folgenden Bedingungen
erfüllt sind:
(a)
Das Schiedsgericht erachtet den Fall, den die Partei, welche die vorläufigen Massnahmen
beantragt, in ihrem Antrag vorgelegt hat,
prima facie
als begründet;
(b)
das Schiedsgericht ist der Auffassung, dass die Partei, welche die vorläufigen Massnahmen
beantragt, bis zu seinem endgültigen Schiedsspruch einen schweren und nicht
wiedergutzumachenden Schaden erleiden würde, wenn die Ausgleichsmassnahmen nicht
ausgesetzt würden; und
(c)
der Schaden, der der Partei, welche die vorläufigen Massnahmen beantragt, durch die
sofortige Anwendung der strittigen Ausgleichsmassnahmen entstünde, wiegt schwerer als das
Interesse an einer sofortigen und wirksamen Anwendung dieser Massnahmen.
5.
Eine Entscheidung des Schiedsgerichts gemäss Absatz 4 ist nur einstweiliger Natur und greift
dem Schiedsspruch nicht vor.
6.
Sofern die Entscheidung des Schiedsgerichts gemäss Absatz 4 dieses Artikels kein früheres
Datum für die Beendigung der Aussetzung festlegt, wird die Aussetzung im Zeitpunkt des
endgültigen Schiedsspruchs gemäss Artikel 17 Absatz 2 des Abkommens hinfällig.
19
7.
Zur Vermeidung von Missverständnissen gilt für die Zwecke dieses Artikels, dass das
Schiedsgericht bei der Abwägung der Interessen der Partei, welche die vorläufigen Massnahmen
beantragt, und der Interessen der anderen Partei die Interessen von Privatpersonen und
Wirtschaftsakteuren der Parteien berücksichtigt, was aber nicht dazu führt, dass solchen
Privatpersonen und Wirtschaftsakteuren vor dem Schiedsgericht Parteistellung eingeräumt wird.
ARTIKEL III.10
Beweismittel
1.
Jede Partei trägt die Beweislast für die Tatsachen, auf die sie ihre Klage oder ihre
Klageerwiderung stützt.
2.
Auf Antrag einer Partei oder auf eigene Initiative kann das Schiedsgericht bei den Parteien
relevante Informationen einholen, die es für notwendig und zweckdienlich erachtet. Das
Schiedsgericht setzt den Parteien eine Frist, innerhalb derer sie seiner Aufforderung nachkommen
müssen.
3.
Auf Antrag einer Partei oder auf eigene Initiative kann das Schiedsgericht bei jeder beliebigen
Quelle Informationen einholen, die es für zweckdienlich erachtet. Das Schiedsgericht kann auch
nach eigenem Ermessen und vorbehaltlich etwaiger von den Parteien vereinbarter Bedingungen
Sachverständigengutachten einholen.
4.
Alle Informationen, die das Schiedsgericht im Rahmen dieses Artikels erhält, werden den
Parteien zur Verfügung gestellt, und die Parteien können dem Schiedsgericht Stellungnahmen zu
diesen Informationen übermitteln.
20
5.
Das Schiedsgericht ergreift geeignete Massnahmen, um die von einer Partei aufgeworfenen
Fragen in Bezug auf den Schutz personenbezogener Daten, das Berufsgeheimnis und die
berechtigten Interessen der Vertraulichkeit zu klären, nachdem es eine Stellungnahme der anderen
Partei eingeholt hat.
6.
Das Schiedsgericht entscheidet über die Zulässigkeit, Erheblichkeit und Beweiskraft der
vorgelegten Beweismittel.
ARTIKEL III.11
Mündliche Verhandlung
1.
Muss eine mündliche Verhandlung durchgeführt werden, so gibt das Schiedsgericht den
Parteien nach deren Konsultation rechtzeitig im Voraus den Tag, die Zeit und den Ort der
mündlichen Verhandlung bekannt.
2.
Die mündliche Verhandlung ist öffentlich, sofern das Schiedsgericht nicht von sich aus oder
auf Antrag der Parteien aus wichtigen Gründen etwas anderes beschliesst.
3.
Von jeder mündlichen Verhandlung wird ein Protokoll erstellt, das vom Vorsitzenden des
Schiedsgerichts unterzeichnet wird. Nur diese Protokolle sind verbindlich.
4.
Das Schiedsgericht kann beschliessen, die mündliche Verhandlung im Einklang mit der
Praxis des Internationalen Büros virtuell durchzuführen. Die Parteien werden rechtzeitig über diese
Praxis informiert. In solchen Fällen kommen Absatz 1,
mutatis mutandis
, und Absatz 3 zur
Anwendung.
21
ARTIKEL III.12
Säumnis
1.
Wenn die klagende Partei ihre Klageschrift ohne Angabe eines hinreichenden Grundes nicht
innerhalb der durch dieses Protokoll oder durch das Schiedsgericht festgesetzten Frist eingereicht
hat, so ordnet das Schiedsgericht den Abschluss des Schiedsverfahrens an, es sei denn, es
verbleiben Fragen, über die möglicherweise zu entscheiden ist, und das Schiedsgericht hält es für
angezeigt, darüber zu entscheiden.
Wenn die beklagte Partei ihre Antwort auf die Schiedsanzeige oder ihre Klageerwiderung ohne
Angabe eines hinreichenden Grundes nicht innerhalb der durch dieses Protokoll oder durch das
Schiedsgericht festgesetzten Frist eingereicht hat, so ordnet das Schiedsgericht die Fortsetzung des
Verfahrens an, ohne die Säumnis als solche als Anerkennung der Behauptungen der klagenden
Partei zu werten.
Unterabsatz 2 gilt auch, wenn die klagende Partei keine Replik auf eine Widerklage eingereicht hat.
2.
Erscheint eine nach Artikel III.11 Absatz 1 ordnungsgemäss geladene Partei nicht bei der
mündlichen Verhandlung und gibt sie hierfür keinen hinreichenden Grund an, so kann das
Schiedsgericht das Verfahren fortsetzen.
3.
Legt eine Partei nach ordnungsgemässer Aufforderung durch das Schiedsgericht keine
weiteren Beweismittel innerhalb der festgesetzten Frist vor und gibt sie hierfür keinen
hinreichenden Grund an, so kann das Schiedsgericht den Schiedsspruch auf der Grundlage der ihm
vorliegenden Beweismittel erlassen.
22
ARTIKEL III.13
Abschluss des Verfahrens
1.
Wenn die Parteien nachweislich hinreichend Gelegenheit hatten, ihre Argumente darzulegen,
kann das Schiedsgericht das Verfahren für abgeschlossen erklären.
2.
Das Schiedsgericht kann, wenn es dies wegen ausserordentlicher Umstände für notwendig
erachtet, jederzeit vor Erlass seines Schiedsspruchs von sich aus oder auf Antrag einer Partei
beschliessen, das Verfahren wieder zu eröffnen.
KAPITEL IV
SCHIEDSSPRUCH
ARTIKEL IV.1
Entscheidungen
Das Schiedsgericht ist bestrebt, einvernehmlich zu entscheiden. Ist keine einvernehmliche
Entscheidung möglich, so entscheidet das Schiedsgericht mit Stimmenmehrheit der Schiedsrichter.
23
ARTIKEL IV.2
Form und Wirkung der Entscheidung des Schiedsgerichts
1.
Das Schiedsgericht kann getrennte Entscheidungen zu unterschiedlichen Fragen zu
verschiedenen Zeitpunkten erlassen.
2.
Alle Entscheidungen sind schriftlich zu erlassen und zu begründen. Sie sind endgültig und für
die Parteien bindend.
3.
Der Schiedsspruch wird von den Schiedsrichtern unterzeichnet, enthält das Datum, an dem er
erlassen wurde, und nennt den Ort des Schiedsverfahrens. Das Internationale Büro übermittelt den
Parteien eine Kopie des von den Schiedsrichtern unterzeichneten Schiedsspruchs.
4.
Das Internationale Büro veröffentlicht den Schiedsspruch.
Bei der Veröffentlichung des Schiedsspruchs berücksichtigt das Internationale Büro die
einschlägigen Vorschriften über den Schutz personenbezogener Daten, das Berufsgeheimnis und
die berechtigten Interessen der Vertraulichkeit.
Die in Unterabsatz 2 aufgeführten Vorschriften gelten für alle bilateralen Abkommen in den
Bereichen betreffend den Binnenmarkt, an denen die Schweiz teilnimmt, sowie für das
Gesundheitsabkommen, das Abkommen über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen
und das Abkommen über den regelmässigen finanziellen Beitrag der Schweiz. Der Gemischte
Ausschuss erlässt und aktualisiert diese Vorschriften durch Beschluss für die Zwecke des
Abkommens.
5.
Die Parteien setzen alle Entscheidungen des Schiedsgerichts unverzüglich um.
24
6.
In den Fällen nach Artikel 16 Absatz 2 des Abkommens setzt das Schiedsgericht nach
Einholung der Stellungnahmen der Parteien im Schiedsspruch und unter Berücksichtigung der
internen Verfahren der Parteien eine angemessene Frist zur Umsetzung des Schiedsspruchs im
Sinne von Artikel 16 Absatz 5 des Abkommens.
ARTIKEL IV.3
Anwendbares Recht, Auslegungsregeln, Schlichtungsstelle
1.
Das anwendbare Recht setzt sich zusammen aus dem Abkommen sowie den Regeln und
Grundsätzen des Völkerrechts, die zwischen den Parteien bei der Auslegung von Verträgen
anwendbar sind.
2.
Frühere Schiedssprüche eines Streitbeilegungsorgans in Bezug auf die Verhältnismässigkeit
von Ausgleichsmassnahmen, die aufgrund eines anderen in Artikel 17 Absatz 1 des Abkommens
genannten bilateralen Abkommens ergriffen wurden, sind für das Schiedsgericht bindend.
3.
Das Schiedsgericht ist nicht befugt, als Schlichtungsstelle oder nach Billigkeit (ex aequo et
bono) zu entscheiden.
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ARTIKEL IV.4
Einvernehmliche Lösung oder andere Gründe für den Abschluss des Verfahrens
1.
Die Parteien können ihre Streitigkeit jederzeit durch eine einvernehmliche Lösung beilegen.
Sie teilen eine solche Lösung gemeinsam dem Schiedsgericht mit. Ist für die Lösung eine
Genehmigung nach den einschlägigen innerstaatlichen Verfahren einer Partei erforderlich, so ist in
der Notifikation darauf hinzuweisen, und das Schiedsverfahren wird ausgesetzt. Ist eine solche
Genehmigung nicht erforderlich oder wurde der Abschluss solcher innerstaatlichen Verfahren
notifiziert, so wird das Schiedsverfahren abgeschlossen.
2.
Teilt die klagende Partei dem Schiedsgericht während des Verfahrens schriftlich mit, dass sie
das Verfahren nicht weiterführen will, und hat die beklagte Partei bis zu dem Tag, an dem diese
Mitteilung beim Schiedsgericht eingeht, noch keine Schritte im Verfahren unternommen, so erlässt
das Schiedsgericht einen Beschluss, der offiziell den Abschluss des Verfahrens feststellt. Das
Schiedsgericht entscheidet über die Kosten, die der klagenden Partei auferlegt werden, wenn dies
aufgrund des Verhaltens dieser Partei gerechtfertigt scheint.
3.
Kommt das Schiedsgericht vor dem Erlass des Schiedsspruchs zu dem Schluss, dass die
Fortsetzung des Verfahrens aus einem anderen Grund als nach den Absätzen 1 und 2
gegenstandslos oder unmöglich ist, so teilt es den Parteien seine Absicht mit, einen Beschluss über
den Abschluss des Verfahrens zu erlassen.
Unterabsatz 1 ist nicht anwendbar, wenn noch Fragen verbleiben, über die möglicherweise zu
entscheiden ist, und das Schiedsgericht dies für angezeigt hält.
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4.
Das Schiedsgericht übermittelt den Parteien eine von den Schiedsrichtern unterzeichnete
Kopie des Beschlusses über den Abschluss des Schiedsverfahrens oder der zwischen den Parteien
vereinbarten Entscheidung. Artikel IV.2 Absätze 2 bis 5 findet auch auf Schiedsentscheidungen
Anwendung, die zwischen den Parteien vereinbart wurden.
ARTIKEL IV.5
Berichtigung des Schiedsspruchs
1.
Innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt des Schiedsspruchs kann eine Partei durch Notifikation
der anderen Partei und des Schiedsgerichts über das Internationale Büro die Berichtigung von im
Schiedsspruch enthaltenen Rechen-, Schreib- oder Druckfehlern oder anderen Fehlern oder
Auslassungen ähnlicher Art beantragen. Erachtet das Schiedsgericht den Antrag für gerechtfertigt,
so nimmt es die Berichtigung innerhalb von 45 Tagen nach Erhalt des Antrags vor. Der Antrag hat
keine aufschiebende Wirkung in Bezug auf die in Artikel IV.2 Absatz 6 vorgesehene Frist.
2.
Das Schiedsgericht kann Berichtigungen gemäss Absatz 1 von sich aus innerhalb von
30 Tagen nach Mitteilung seines Schiedsspruchs vornehmen.
3.
Berichtigungen nach Absatz 1 dieses Artikels werden schriftlich vorgenommen und sind
integraler Bestandteil des Schiedsspruchs. Es kommt Artikel IV.2 Absätze 2 bis 5 zur Anwendung.
27
ARTIKEL IV.6
Honorare der Schiedsrichter
1.
Die Honorare gemäss Artikel IV.7 müssen angemessen sein, wobei die Komplexität des Falls,
der Zeitaufwand der Schiedsrichter und alle anderen relevanten Umstände zu berücksichtigen sind.
2.
Eine Liste der täglichen Vergütung und der maximalen und minimalen Stunden, die allen
bilateralen Abkommen in den Bereichen betreffend den Binnenmarkt, an denen die Schweiz
teilnimmt, sowie dem Gesundheitsabkommen, dem Abkommen über den Handel mit
landwirtschaftlichen Erzeugnissen und dem Abkommen über den regelmässigen finanziellen
Beitrag der Schweiz gemeinsam ist, wird erstellt und bei Bedarf aktualisiert. Der Gemischte
Ausschuss erstellt und aktualisiert diese Liste durch Beschluss für die Zwecke des Abkommens.
ARTIKEL IV.7
Kosten
1.
Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten sowie die Hälfte der Kosten des Schiedsgerichts.
2.
Das Schiedsgericht setzt seine Kosten im Schiedsspruch fest. Diese Kosten umfassen
lediglich:
(a)
die Honorare der Schiedsrichter, die für jeden Schiedsrichter einzeln anzugeben und vom
Schiedsgericht selbst nach Artikel IV.6 festzusetzen sind;
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(b)
die Reisekosten und sonstigen Auslagen der Schiedsrichter; und
(c)
die Honorare und Auslagen des Internationalen Büros.
3.
Die Kosten gemäss Absatz 2 müssen angemessen sein, wobei der Streitwert, die Komplexität
der Streitigkeit, der Zeitaufwand der Schiedsrichter und etwaiger vom Schiedsgericht bestellter
Sachverständiger sowie alle anderen relevanten Umstände zu berücksichtigen sind.
ARTIKEL IV.8
Hinterlegung eines Kostenvorschusses
1.
Das Internationale Büro kann die Parteien zu Beginn des Schiedsverfahrens auffordern, einen
gleichen Betrag als Vorschuss für die Kosten nach Artikel IV.7 Absatz 2 zu hinterlegen.
2.
Während des Schiedsverfahrens kann das Internationale Büro von den Parteien die
Hinterlegung weiterer Beträge in Ergänzung zu den in Absatz 1 aufgeführten verlangen.
3.
Alle von den Parteien in Anwendung dieses Artikels hinterlegten Beträge werden an das
Internationale Büro überwiesen und von diesem zur Deckung der tatsächlich entstandenen Kosten,
einschliesslich insbesondere der Honorare der Schiedsrichter und des Internationalen Büros,
ausgezahlt.
29
KAPITEL V
SCHLUSSBESTIMMUNGEN
ARTIKEL V.1
Änderungen
Der Gemischte Ausschuss kann durch Beschluss Änderungen dieses Protokolls beschliessen.