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INSTITUTIONELLES PROTOKOLL

ZUM ABKOMMEN

ZWISCHEN DER SCHWEIZERISCHEN EIDGENOSSENSCHAFT EINERSEITS

UND DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFT UND IHREN MITGLIEDSTAATEN

ANDERERSEITS

ÜBER DIE FREIZÜGIGKEIT

1

DIE SCHWEIZERISCHE EIDGENOSSENSCHAFT, im Folgenden „Schweiz“,

und

DIE EUROPÄISCHE UNION, im Folgenden „Union“,

GESTÜTZT AUF das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren

Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die

Freizügigkeit, geschehen zu Brüssel am 21. Juni 1999 (im Folgenden „Abkommen“), das am 1. Juni

2002 in Kraft getreten ist,

GESTÜTZT AUF das Protokoll zum Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen

Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft

andererseits über die Freizügigkeit im Hinblick auf die Aufnahme der Tschechischen Republik, der

Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik

Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen

Republik als Vertragsparteien infolge ihres Beitritts zur Europäischen Union, geschehen zu Brüssel

am 26. Oktober 2004, das am 1. April 2006 in Kraft getreten ist,

GESTÜTZT AUF das Protokoll zum Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen

Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft

andererseits über die Freizügigkeit im Hinblick auf die Aufnahme der Republik Bulgarien und

Rumäniens als Vertragsparteien infolge ihres Beitritts zur Europäischen Union, geschehen zu

Brüssel am 27. Mai 2008, das am 1. Juni 2009 in Kraft getreten ist,

2

GESTÜTZT AUF das Protokoll zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und

ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die

Freizügigkeit im Hinblick auf die Aufnahme der Republik Kroatien als Vertragspartei infolge ihres

Beitritts zur Europäischen Union, geschehen zu Brüssel am 4. März 2016, das am 1. Januar 2017 in

Kraft getreten ist,

IN DER ERWÄGUNG, dass die von der Union geschlossenen Übereinkünfte die Organe der Union

und deren Mitgliedstaaten binden; dieses Protokoll gilt daher für die Vertragsparteien wie sie im

Abkommen festgelegt sind,

IN DER ERWÄGUNG, dass die Union und die Schweiz durch zahlreiche bilaterale Abkommen in

verschiedenen Bereichen miteinander verbunden sind, die spezifische Rechte und Pflichten

enthalten und in mancher Hinsicht jenen innerhalb der Union ähnlich sind,

UNTER HINWEIS DARAUF, dass das Ziel dieser bilateralen Abkommen darin besteht, die

Wettbewerbsfähigkeit Europas zu stärken und die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den

Vertragsparteien auf der Grundlage von Gleichheit, Gegenseitigkeit und allgemeiner

Ausgewogenheit ihrer Vorteile sowie Rechte und Pflichten auszubauen,

ENTSCHLOSSEN, die Beteiligung der Schweiz am Binnenmarkt der Union auf der Basis

derselben Regeln, die für den Binnenmarkt gelten, zu stärken und zu vertiefen, unter Wahrung der

Unabhängigkeit der Vertragsparteien sowie jener ihrer Institutionen und – in Bezug auf die

Schweiz – unter Wahrung der Grundsätze der direkten Demokratie, des Föderalismus und des

sektoriellen Charakters ihrer Beteiligung am Binnenmarkt der Union,

3

IN BEKRÄFTIGUNG, dass die Zuständigkeit des Schweizerischen Bundesgerichts und aller

anderen Schweizer Gerichte sowie der Gerichte der Mitgliedstaaten und des Gerichtshofs der

Europäischen Union für die Auslegung des Abkommens im Einzelfall gewahrt bleibt,

IM BEWUSSTSEIN der Notwendigkeit, in den Bereichen des Binnenmarkts, an denen die Schweiz

teilnimmt, für Einheitlichkeit zu sorgen, heute wie auch in Zukunft,

SIND WIE FOLGT ÜBEREINGEKOMMEN:

KAPITEL 1

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

ARTIKEL 1

Ziele

1.

Ziel dieses Protokolls ist es, den Vertragsparteien sowie den Wirtschaftsakteuren und

Privatpersonen in dem Bereich betreffend den Binnenmarkt, der in den Geltungsbereich des

Abkommens fällt, grössere Rechtssicherheit, Gleichbehandlung und gleiche

Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten.

4

2.

Zu diesem Zweck sieht dieses Protokoll neue institutionelle Lösungen vor, die einen

kontinuierlichen und ausgewogenen Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zwischen den

Vertragsparteien ermöglichen. Unter Berücksichtigung der Grundsätze des Völkerrechts legt dieses

Protokoll namentlich institutionelle Lösungen für das Abkommen fest, die allen bisherigen und

künftigen bilateralen Abkommen in den Bereichen betreffend den Binnenmarkt, an denen die

Schweiz teilnimmt, gemeinsam sind, ohne den Geltungsbereich oder die Ziele des Abkommens zu

ändern, insbesondere:

(a)

das Verfahren zur Angleichung des Abkommens an die für das Abkommen relevanten

Rechtsakte der Union;

(b)

die einheitliche Auslegung und Anwendung dieses Abkommens und der Rechtsakte der

Union, auf die im Abkommen Bezug genommen wird;

(c)

die Überwachung und Anwendung des Abkommens; und

(d)

die Beilegung von Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Abkommen.

ARTIKEL 2

Beziehung zum Abkommen

1.

Dieses Protokoll, sein Anhang und seine Anlage sind integraler Bestandteil des Abkommens.

2.

Die durch dieses Protokoll aufgehobenen Bestimmungen des Abkommens sind nachstehend

aufgeführt:

(a)

Artikel 16;

5

(b)

Artikel 17;

(c)

Artikel 19.

3. Bezugnahmen auf die „Europäische Gemeinschaft“ oder die „Gemeinschaft“ im Abkommen

gelten als Bezugnahmen auf die Union.

ARTIKEL 3

Bilaterale Abkommen in den Bereichen betreffend den Binnenmarkt, an denen die Schweiz

teilnimmt

1.

Die bestehenden und künftigen bilateralen Abkommen zwischen der Union und der Schweiz

in den Bereichen betreffend den Binnenmarkt, an denen die Schweiz teilnimmt, bilden ein

kohärentes Ganzes, das ein Gleichgewicht von Rechten und Pflichten zwischen der Union und der

Schweiz gewährleistet.

2.

Das Abkommen ist ein bilaterales Abkommen in einem Bereich betreffend den Binnenmarkt,

an dem die Schweiz teilnimmt.

6

KAPITEL 2

ANGLEICHUNG DES ABKOMMENS AN DIE RECHTSAKTE DER UNION

ARTIKEL 4

Teilnahme an der Ausarbeitung von Rechtsakten der Union (Mitspracherecht)

1.

Erarbeitet die Europäische Kommission (im Folgenden „Kommission“) einen Vorschlag für

einen Rechtsakt der Union gemäss dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im

Folgenden „AEUV“) im vom Abkommen abgedeckten Bereich, so informiert sie die Schweiz und

zieht Sachverständige der Schweiz informell gleichermassen zurate, wie sie die Stellungnahmen der

Sachverständigen der Mitgliedstaaten der Union für die Ausarbeitung ihrer Vorschläge einholt.

Auf Antrag einer Vertragspartei findet im Gemischten Ausschuss ein erster Meinungsaustausch

statt.

Bei den wichtigen Etappen vor der Verabschiedung des Rechtsakts durch die Union beraten sich die

Vertragsparteien auf Antrag einer Partei erneut im Gemischten Ausschuss im Rahmen eines

ständigen Informations- und Konsultationsprozesses.

2.

Erarbeitet die Kommission delegierte Rechtsakte gemäss dem AEUV mit Bezug auf die in

den Bereich des Abkommens fallenden Basisrechtsakte der Union, so gewährt die Kommission der

Schweiz die grösstmögliche Teilnahme an der Ausarbeitung ihrer Vorschläge und zieht

Sachverständige der Schweiz gleichermassen zurate, wie sie die Sachverständigen der

Mitgliedstaaten der Union zurate zieht.

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3.

Erarbeitet die Kommission Durchführungsrechtsakte gemäss dem AEUV mit Bezug auf die in

den Bereich des Abkommens fallenden Basisrechtsakte der Union, so gewährt die Kommission der

Schweiz die grösstmögliche Teilnahme an der Ausarbeitung ihrer Vorschläge, die anschliessend

den Ausschüssen zu unterbreiten sind, die die Kommission bei der Ausübung ihrer

Durchführungsbefugnisse unterstützen, und zieht Sachverständige der Schweiz gleichermassen

zurate, wie sie die Sachverständigen der Mitgliedstaaten der Union zurate zieht.

4.

Die Sachverständigen der Schweiz werden in die Arbeiten der Ausschüsse einbezogen, die

nicht unter die Absätze 2 und 3 fallen, wenn dies zur Gewährleistung des ordnungsgemässen

Funktionierens des Abkommens erforderlich ist. Eine Liste dieser Ausschüsse und gegebenenfalls

anderer Ausschüsse mit ähnlichen Eigenschaften wird vom Gemischten Ausschuss erstellt und

aktualisiert.

5.

Dieser Artikel gilt nicht für Rechtsakte der Union oder deren Bestimmungen, die in den

Anwendungsbereich einer Ausnahme gemäss Artikel 5 Absatz 7 fallen.

ARTIKEL 5

Integration von Rechtsakten der Union

1.

Zur Gewährleistung der Rechtssicherheit und der Homogenität des Rechts im Bereich

betreffend den Binnenmarkt, an dem die Schweiz durch das Abkommen teilnimmt, sorgen die

Union und die Schweiz dafür, dass die in den Bereich des Abkommens fallenden Rechtsakte der

Union nach ihrer Verabschiedung so rasch wie möglich in das Abkommen integriert werden.

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2.

Rechtsakte der Union, die gemäss Absatz 4 in das Abkommen integriert werden, werden

durch ihre Integration Teil der Schweizer Rechtsordnung, gegebenenfalls vorbehaltlich der vom

Gemischten Ausschuss beschlossenen Anpassungen.

3.

Verabschiedet die Union einen Rechtsakt in dem Bereich, der unter das Abkommen fällt, so

informiert sie die Schweiz so rasch wie möglich über den Gemischten Ausschuss. Auf Antrag einer

Vertragspartei führt der Gemischte Ausschuss in der Angelegenheit einen Meinungsaustausch

durch.

4.

Der Gemischte Ausschuss handelt gemäss Absatz 1 und fasst so rasch wie möglich einen

Beschluss zur Änderung der Anhänge I bis III des Abkommens, einschliesslich der erforderlichen

Anpassungen.

5.

Falls dies zur Gewährleistung der Kohärenz des Abkommens mit seinem gemäss Absatz 4

geänderten Anhang erforderlich ist, kann der Gemischte Ausschuss den Vertragsparteien

unbeschadet der Absätze 1 und 2 die Revision des Abkommens zur Genehmigung nach ihren

internen Verfahren vorschlagen.

6.

Bezugnahmen im Abkommen auf Rechtsakte der Union, die nicht mehr in Kraft sind, gelten

ab dem Inkrafttreten des Beschlusses des Gemischten Ausschusses über die entsprechende

Änderung des Anhangs gemäss Absatz 4 und, sofern dieser Beschluss nichts anderes vorsieht, als

Bezugnahmen auf den aufhebenden Rechtsakt der Union, wie er im Anhang des Abkommens

integriert wurde.

7.

Die in Absatz 1 enthaltene Verpflichtung gilt nicht für Rechtsakte der Union oder deren

Bestimmungen, die in den Anwendungsbereich einer nachstehend aufgeführten Ausnahme fallen:

Artikel 5g [Voranmeldefrist und Kontrollen];

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Artikel 5h [Kautionen und Sanktionen];

Artikel 5i [Nachweis der selbstständigen Erwerbstätigkeit];

Artikel 5j [Non-Regression];

Artikel 7b [Studierende];

Artikel 7e [Daueraufenthalt];

Artikel 7f [Erwerb von Immobilien];

Artikel 7g [Personalausweise];

Artikel 7h [Ausweisung];

Anhang II Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, Teil II. Sektorielle Anpassungen,

Punkt 1. a–f.

8.

Unter Vorbehalt von Artikel 6 treten Beschlüsse des Gemischten Ausschusses gemäss

Absatz 4 sofort in Kraft, jedoch keinesfalls vor dem Beginn der Anwendbarkeit des entsprechenden

Rechtsakts in der Union.

9.

Um die Beschlussfassung zu erleichtern, arbeiten die Vertragsparteien während des in diesem

Artikel festgelegten Verfahrens nach Treu und Glauben zusammen.

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10.

Die Union und die Schweiz beachten das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am

gleichen Ort“ und das duale Vollzugssystem der Schweiz.

ARTIKEL 6

Erfüllung verfassungsrechtlicher Verpflichtungen durch die Schweiz

1.

Während des Meinungsaustauschs gemäss Artikel 5 Absatz 3 informiert die Schweiz die

Union, ob ein Beschluss gemäss Artikel 5 Absatz 4 die Erfüllung verfassungsrechtlicher

Verpflichtungen seitens der Schweiz erfordert, um Rechtswirksamkeit zu erlangen.

2.

Erfordert der Beschluss gemäss Artikel 5 Absatz 4 die Erfüllung verfassungsrechtlicher

Verpflichtungen seitens der Schweiz, um Rechtswirksamkeit zu erlangen, so verfügt die Schweiz ab

dem Zeitpunkt der Mitteilung gemäss Absatz 1 über eine Frist von höchstens zwei Jahren, wobei

sich die Frist im Falle eines Referendums um ein Jahr verlängert.

3.

Bis die Schweiz mitteilt, dass sie ihre verfassungsrechtlichen Verpflichtungen erfüllt hat,

wenden die Vertragsparteien den Beschluss gemäss Artikel 5 Absatz 4 vorläufig an, es sei denn, die

Schweiz teilt der Union mit, dass eine vorläufige Anwendung des Beschlusses nicht möglich ist,

und begründet dies.

Eine vorläufige Anwendung vor dem Beginn der Anwendbarkeit des entsprechenden Rechtsakts der

Union in der Union ist ausgeschlossen.

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4.

Die Schweiz notifiziert der Union die Erfüllung ihrer verfassungsrechtlichen Verpflichtungen

gemäss Absatz 1 unverzüglich über den Gemischten Ausschuss.

5.

Der Beschluss tritt am Tag des Eingangs der Notifikation gemäss Absatz 4 in Kraft, jedoch

keinesfalls vor dem Beginn der Anwendbarkeit des entsprechenden Rechtsakts der Union in der

Union.

KAPITEL 3

AUSLEGUNG UND ANWENDUNG DES ABKOMMENS

ARTIKEL 7

Grundsatz der einheitlichen Auslegung

1.

Zur Verwirklichung der in Artikel 1 definierten Ziele und unter Wahrung der Grundsätze des

Völkerrechts werden die bilateralen Abkommen in den Bereichen betreffend den Binnenmarkt, an

denen die Schweiz teilnimmt, und die Rechtsakte der Union, auf die in diesen Abkommen Bezug

genommen wird, in den Bereichen betreffend den Binnenmarkt, an denen die Schweiz teilnimmt,

einheitlich ausgelegt und angewandt.

2.

Die Rechtsakte der Union, auf die im Abkommen Bezug genommen wird, und die

Bestimmungen des Abkommens, soweit ihre Anwendung unionsrechtliche Begriffe impliziert,

werden gemäss der vor oder nach der Unterzeichnung des Abkommens ergangenen Rechtsprechung

des Gerichtshofs der Europäischen Union ausgelegt und angewandt.

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ARTIKEL 8

Grundsatz der wirksamen und harmonischen Anwendung

1.

Die Kommission und die zuständigen Schweizer Behörden arbeiten zusammen und

unterstützen sich gegenseitig, um die Überwachung der Anwendung des Abkommens

sicherzustellen. Sie können Informationen über die Aktivitäten betreffend die Überwachung der

Anwendung des Abkommens austauschen. Sie können einen Meinungsaustausch führen und Fragen

von gemeinsamem Interesse erörtern.

2.

Jede Vertragspartei trifft geeignete Massnahmen zur Sicherstellung einer wirksamen und

harmonischen Anwendung des Abkommens auf ihrem Hoheitsgebiet.

3.

Die Vertragsparteien sorgen im Rahmen des Gemischten Ausschusses gemeinsam für die

Überwachung der Anwendung des Abkommens.

Stellen die Kommission oder die zuständigen Schweizer Behörden einen Fall einer mangelhaften

Anwendung fest, so kann der Fall dem Gemischten Ausschuss vorgelegt werden, um eine

annehmbare Lösung zu finden.

4.

Die Kommission und die zuständigen Schweizer Behörden überwachen jeweils die

Anwendung des Abkommens durch die andere Vertragspartei. Das in Artikel 10 vorgesehene

Verfahren ist anwendbar.

Soweit für die wirksame und harmonische Anwendung des Abkommens bestimmte

Überwachungskompetenzen der Organe der Union gegenüber einer Vertragspartei erforderlich sind,

wie beispielsweise Untersuchungs- und Entscheidungsbefugnisse, muss das Abkommen diese

Kompetenzen explizit vorsehen.

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ARTIKEL 9

Ausschliesslichkeitsgrundsatz

Die Vertragsparteien verpflichten sich, Streitigkeiten betreffend die Auslegung oder Anwendung

des Abkommens und der Rechtsakte der Union, auf die im Abkommen Bezug genommen wird,

oder gegebenenfalls betreffend die Vereinbarkeit eines auf dem Abkommen beruhenden

Beschlusses der Kommission mit dem Abkommen ausschliesslich den in diesem Protokoll

vorgesehenen Streitbeilegungsmethoden zu unterstellen.

ARTIKEL 10

Verfahren bei Auslegungs- oder Anwendungsschwierigkeiten

1.

Im Falle von Schwierigkeiten bei der Auslegung oder Anwendung des Abkommens oder

eines Rechtsakts der Union, auf den im Abkommen Bezug genommen wird, beraten sich die

Vertragsparteien im Gemischten Ausschuss, um eine für beide Seiten annehmbare Lösung zu

finden. Im Hinblick auf eine gründliche Prüfung des Sachverhalts sind dem Gemischten Ausschuss

sämtliche zweckdienlichen Informationen zur Verfügung zu stellen. Der Gemischte Ausschuss prüft

sämtliche Möglichkeiten zur Erhaltung des ordnungsgemässen Funktionierens des Abkommens.

2.

Gelingt es dem Gemischten Ausschuss innerhalb einer Frist von drei Monaten ab dem Datum,

an dem er mit der Angelegenheit befasst wurde, nicht, eine Lösung für die Schwierigkeiten gemäss

Absatz 1 zu finden, so kann jede Vertragspartei verlangen, dass ein Schiedsgericht die Streitigkeit

nach den in der Anlage festgelegten Regeln entscheidet.

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3.

Wirft die Streitigkeit eine Frage betreffend die Auslegung oder Anwendung einer

Bestimmung gemäss Artikel 7 Absatz 2 auf und ist die Auslegung dieser Bestimmung für die

Streitbeilegung relevant und für seine Entscheidungsfindung notwendig, so legt das Schiedsgericht

diese Frage dem Gerichtshof der Europäischen Union vor.

Wirft die Streitigkeit eine Frage betreffend die Auslegung oder Anwendung einer Bestimmung auf,

die in den Anwendungsbereich einer Ausnahme von der Verpflichtung zur dynamischen Anpassung

gemäss Artikel 5 Absatz 7 fällt, und impliziert die Streitigkeit nicht die Auslegung oder

Anwendung von unionsrechtlichen Begriffen, so entscheidet das Schiedsgericht die Streitigkeit,

ohne den Gerichtshof der Europäischen Union anzurufen.

4.

Legt das Schiedsgericht dem Gerichtshof der Europäischen Union eine Frage gemäss

Absatz 3 vor:

(a)

so ist die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union für das Schiedsgericht

bindend; und

(b)

geniesst die Schweiz dieselben Rechte wie die Mitgliedstaaten und Organe der Union und

untersteht denselben Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Union,

mutatis

mutandis

.

5.

Die Vertragsparteien ergreifen alle erforderlichen Massnahmen, um den Schiedsspruch nach

Treu und Glauben Folge zu leisten.

Die Vertragspartei, die gemäss Schiedsgericht gegen das Abkommen verstossen hat, teilt der

anderen Vertragspartei über den Gemischten Ausschuss die Massnahmen mit, die sie ergriffen hat,

um dem Schiedsspruch Folge zu leisten.

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6.

Die Absicherungen gemäss der Gemeinsamen Erklärung über die Verweigerung der

Sozialhilfe und die Aufenthaltsbeendigung vor Erwerb des Daueraufenthalts und gemäss der

Gemeinsamen Erklärung über die Meldung betreffend Stellenantritte, welche dem Abkommen

beigefügt sind, werden im Rahmen der Beilegung der dem Gemischten Ausschuss unterbreiteten

Streitigkeiten nach Treu und Glauben berücksichtigt.

Der erste Unterabsatz gilt solange und soweit die Absicherungen mit den einschlägigen Rechtsakten

der Union, so wie sie in das Abkommen integriert wurden, vereinbar sind. Die Absicherungen lassen

die Anwendung von Artikel 5 Absatz 1 dieses Protokolls unberührt.

ARTIKEL 11

Ausgleichsmassnahmen

1.

Wenn die Vertragspartei, die gemäss Schiedsgericht gegen das Abkommen verstossen hat, der

anderen Vertragspartei nicht innerhalb einer angemessenen Frist gemäss Artikel IV.2 Absatz 6 der

Anlage mitteilt, welche Massnahmen sie zur Umsetzung des Schiedsspruchs ergriffen hat, oder

wenn die andere Vertragspartei der Auffassung ist, dass durch die mitgeteilten Massnahmen dem

Schiedsspruch nicht Folge geleistet wird, kann diese andere Vertragspartei im Rahmen des

Abkommens oder eines anderen bilateralen Abkommens in den Bereichen betreffend den

Binnenmarkt, an denen die Schweiz teilnimmt, verhältnismässige Ausgleichsmassnahmen (im

Folgenden „Ausgleichsmassnahmen“) ergreifen, um ein mögliches Ungleichgewicht zu beheben.

Sie notifiziert der Vertragspartei, die gemäss Schiedsgericht gegen das Abkommen verstossen hat,

die Ausgleichsmassnahmen, die in der Notifikation anzugeben sind. Diese Ausgleichsmassnahmen

werden drei Monate nach ihrer Notifikation wirksam.

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2.

Fasst der Gemischte Ausschuss innerhalb eines Monats nach dem Datum der Notifikation der

geplanten Ausgleichsmassnahmen keinen Beschluss zur Aussetzung, Änderung oder Aufhebung

dieser Ausgleichsmassnahmen, so kann jede Vertragspartei die Frage der Verhältnismässigkeit

dieser Ausgleichsmassnahmen gemäss Anlage der Schiedsgerichtsbarkeit unterstellen.

3.

Das Schiedsgericht entscheidet innerhalb der in Artikel III.8 Absatz 4 der Anlage

vorgesehenen Fristen.

4.

Ausgleichsmassnahmen gelten nicht rückwirkend. Insbesondere bleiben die bereits vor dem

Wirksamwerden der Ausgleichsmassnahmen erworbenen Rechte und Pflichten von Privatpersonen

und Wirtschaftsakteuren unberührt.

ARTIKEL 12

Zusammenarbeit zwischen Gerichten

1.

Um die homogene Auslegung zu fördern, einigen sich das Schweizerische Bundesgericht und

der Gerichtshof der Europäischen Union auf einen Dialog und dessen Modalitäten.

2.

Die Schweiz ist berechtigt, beim Gerichtshof der Europäischen Union Schriftsätze

einzureichen oder schriftliche Stellungnahmen abzugeben, wenn ein Gericht eines Mitgliedstaats

der Union dem Gerichtshof der Europäischen Union eine Frage zur Auslegung des Abkommens

oder einer Bestimmung eines im Abkommen aufgeführten Rechtsakts der Union zur

Vorabentscheidung vorlegt.

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KAPITEL 4

WEITERE BESTIMMUNGEN

ARTIKEL 13

Finanzbeitrag

1.

Die Schweiz beteiligt sich gemäss diesem Artikel und dem Anhang an der Finanzierung der

Tätigkeiten der Agenturen, Informationssysteme und anderen Tätigkeiten der Union, die in

Artikel 1 des Anhangs aufgeführt sind und zu denen sie Zugang hat.

Der Gemischte Ausschuss kann den Anhang per Beschluss ändern.

2.

Die Union kann die Beteiligung der Schweiz an den in Absatz 1 dieses Artikels genannten

Tätigkeiten jederzeit aussetzen, wenn die Schweiz die Zahlungsfrist gemäss den in Artikel 2 des

Anhangs festgelegten Zahlungsbedingungen nicht einhält.

Hält die Schweiz eine Zahlungsfrist nicht ein, schickt die Union der Schweiz eine förmliche

Zahlungserinnerung. Erfolgt innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt dieser förmlichen

Zahlungserinnerung keine vollständige Zahlung, kann die Union die Beteiligung der Schweiz an der

betreffenden Tätigkeit aussetzen.

3.

Der Finanzbeitrag setzt sich zusammen aus:

(a)

einem operativen Beitrag; und

18

(b)

einer Teilnahmegebühr.

4.

Der Finanzbeitrag wird in Form eines jährlichen Finanzbeitrags geleistet und ist an den in den

Zahlungsaufforderungen der Kommission festgelegten Terminen fällig.

5.

Der operative Beitrag beruht auf einem Beitragsschlüssel, der als der Quotient aus dem

Bruttoinlandsprodukt (im Folgenden „BIP“) der Schweiz zu Marktpreisen und dem BIP der Union

zu Marktpreisen definiert ist.

Die dazu herangezogenen Zahlen für das BIP zu Marktpreisen der Vertragsparteien sind die letzten

verfügbaren Zahlen zum 1. Januar des Jahres, in dem die jährliche Zahlung erfolgt, gemäss den

Angaben des Statistischen Amtes der Europäischen Union (EUROSTAT), unter gebührender

Berücksichtigung des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der

Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Zusammenarbeit im Bereich der Statistik, geschehen

zu Luxemburg am 26. Oktober 2004. Sollte das genannte Abkommen nicht mehr anwendbar sein,

ist das BIP der Schweiz das BIP, das auf der Grundlage der Daten der Organisation für

wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ermittelt wird.

6.

Zur Berechnung des operativen Beitrags für die einzelnen Agenturen der Union wird der

Beitragsschlüssel auf die bewilligten jährlichen Haushaltsmittel, die in den entsprechenden

Haushaltslinien für das betreffende Jahr für jede Agentur eingestellt wurden, angewandt, wobei für

jede Agentur etwaige angepasste operative Beiträge gemäss Artikel 1 des Anhangs berücksichtigt

werden.

Zur Berechnung des operativen Beitrags für die Informationssysteme und die anderen Tätigkeiten

wird der Beitragsschlüssel auf die jeweiligen, in den Dokumenten betreffend den Haushaltsvollzug

(z. B. Arbeitsprogramme oder Verträge) für das betreffende Jahr festgelegten Haushaltsmittel

angewandt.

19

Die Richtbeträge beruhen auf den Mitteln für Verpflichtungen.

7.

Die jährliche Teilnahmegebühr beträgt 4 % des gemäss den Absätzen 5 und 6 berechneten

jährlichen operativen Beitrags.

8.

Die Kommission stellt der Schweiz angemessene Angaben in Bezug auf die Berechnung ihres

Finanzbeitrags bereit. Diese Angaben werden unter gebührender Beachtung der Vertraulichkeits-

und Datenschutzbestimmungen der Union bereitgestellt.

9.

Sämtliche Finanzbeiträge der Schweiz oder Zahlungen der Union sowie die Berechnung der

zu entrichtenden oder zu erhaltenden Beträge erfolgen in Euro.

10.

Tritt dieses Protokoll nicht zu Beginn eines Kalenderjahres in Kraft, wird der operative

Beitrag der Schweiz für das betreffende Jahr gemäss der in Artikel 5 des Anhangs definierten

Methode und den dort festgelegten Zahlungsbedingungen angepasst.

11.

Die detaillierten Bestimmungen betreffend die Anwendung dieses Artikels sind im Anhang

niedergelegt.

12.

Drei Jahre nach Inkrafttreten dieses Protokolls und danach alle drei Jahre überprüft der

Gemischte Ausschuss die in Artikel 1 des Anhangs festgelegten Bedingungen für die Beteiligung

der Schweiz und passt sie gegebenenfalls an.

20

ARTIKEL 14

Bezugnahmen auf Gebiete

Nehmen die in das Abkommen integrierten Rechtsakte der Union Bezug auf das Gebiet der

„Europäischen Union“, der „Union“, des „gemeinsamen Markts“ oder des „Binnenmarkts“, so

gelten diese Bezugnahmen für die Zwecke des Abkommens als Bezugnahmen auf die Gebiete

gemäss Artikel 24 des Abkommens.

ARTIKEL 15

Bezugnahmen auf Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Union

Nehmen die in das Abkommen integrierten Rechtsakte der Union Bezug auf Staatsangehörige von

Mitgliedstaaten der Union, so gelten diese Bezugnahmen für die Zwecke des Abkommens als

Bezugnahmen auf die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der Union und der Schweiz.

ARTIKEL 16

Inkrafttreten und Durchführung der Rechtsakte der Union

Die Bestimmungen der in das Abkommen integrierten Rechtsakte der Union über deren

Inkrafttreten und Durchführung sind für die Zwecke des Abkommens nicht relevant.

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Für die Schweiz ergeben sich die Fristen und Daten für das Inkraftsetzen und die Durchführung der

Beschlüsse zur Integration von Rechtsakten der Union in das Abkommen aus Artikel 5 Absatz 8

und Artikel 6 Absatz 5 sowie aus den Bestimmungen betreffend Übergangsregelungen.

ARTIKEL 17

Adressaten der Rechtsakte der Union

Die Bestimmungen der in das Abkommen integrierten Rechtsakte der Union, welche an die

Mitgliedstaaten der Union gerichtet sind, sind für die Zwecke des Abkommens nicht relevant.

KAPITEL 5

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

ARTIKEL 18

Durchführung

1.

Die Vertragsparteien treffen alle geeigneten Massnahmen allgemeiner oder besonderer Art

zur Erfüllung der Verpflichtungen, die sich aus dem Abkommen ergeben, und unterlassen alle

Massnahmen, die die Verwirklichung seiner Ziele gefährden könnten.

22

2.

Die Vertragsparteien treffen alle erforderlichen Massnahmen, um das angestrebte Ergebnis

der Rechtsakte der Union, auf die im Abkommen Bezug genommen wird, sicherzustellen und

unterlassen alle Massnahmen, die die Verwirklichung deren Ziele gefährden könnten.

ARTIKEL 19

Inkrafttreten

1.

Dieses Protokoll wird von der Union und der Schweiz gemäss ihren eigenen Verfahren

ratifiziert oder genehmigt. Die Union und die Schweiz notifizieren einander den Abschluss der

internen Verfahren, die für das Inkrafttreten dieses Protokolls erforderlich sind.

2.

Dieses Protokoll tritt am ersten Tag des zweiten Monats in Kraft, der auf die letzte

Notifikation betreffend die folgenden Instrumente folgt:

(a)

Änderungsprotokoll zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren

Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die

Freizügigkeit;

(b)

Institutionelles Protokoll zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der

Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Luftverkehr;

(c)

Änderungsprotokoll zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der

Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Luftverkehr;

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(d)

Protokoll über staatliche Beihilfen zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft

und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Luftverkehr;

(e)

Institutionelles Protokoll zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der

Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Güter- und Personenverkehr auf Schiene und

Strasse;

(f)

Änderungsprotokoll zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der

Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Güter- und Personenverkehr auf Schiene und

Strasse;

(g)

Protokoll über staatliche Beihilfen zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft

und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Güter- und Personenverkehr auf

Schiene und Strasse;

(h)

Änderungsprotokoll zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen

Eidgenossenschaft über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen;

(i)

Institutionelles Protokoll zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der

Schweizerischen Eidgenossenschaft über die gegenseitige Anerkennung von

Konformitätsbewertungen;

(j)

Änderungsprotokoll zum Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der

Schweizerischen Eidgenossenschaft über die gegenseitige Anerkennung von

Konformitätsbewertungen;

(k)

Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Schweizerischen Eidgenossenschaft

über den regelmässigen finanziellen Beitrag der Schweiz zur Verringerung der

wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in der Europäischen Union;

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(l)

Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft

einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Teilnahme der

Schweizerischen Eidgenossenschaft an Programmen der Union;

(m) Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Schweizerischen Eidgenossenschaft

über die Modalitäten und Bedingungen für die Beteiligung der Schweizerischen

Eidgenossenschaft an der Agentur der Europäischen Union für das Weltraumprogramm.

ARTIKEL 20

Änderungen und Kündigung

1.

Dieses Protokoll kann von der Union und der Schweiz jederzeit einvernehmlich geändert

werden.

2.

Wird das Abkommen gemäss Artikel 25 Absatz 3 des Abkommens gekündigt, so tritt dieses

Protokoll an dem in Artikel 25 Absatz 4 des Abkommens genannten Datum ausser Kraft.

3.

Im Falle des Ausserkrafttretens des Abkommens bleiben die vor dessen Ausserkrafttreten

erworbenen Rechte und Pflichten von Privatpersonen und Wirtschaftsakteuren unberührt. Die

Union und die Schweiz treffen im gegenseitigen Einvernehmen eine Regelung für die

Anwartschaften.

25

Geschehen zu […] am […] in zweifacher Ausfertigung in bulgarischer, dänischer, deutscher,

englischer, estnischer, finnischer, französischer, griechischer, irischer, italienischer, kroatischer,

lettischer, litauischer, maltesischer, niederländischer, polnischer, portugiesischer, rumänischer,

schwedischer, slowakischer, slowenischer, spanischer, tschechischer und ungarischer Sprache,

wobei jeder dieser Wortlaute gleichermassen verbindlich ist.

ZU URKUND DESSEN haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichnenden dieses Protokoll

unterzeichnet.

(Unterschriftenblock, entsprechende Formulierung in allen 24 Amtssprachen der EU: „Für die

Schweizerische Eidgenossenschaft“ und „Für die Europäische Union“)

1

ANHANG

ANHANG BETREFFEND DIE ANWENDUNG VON ARTIKEL 13 DES PROTOKOLLS

ARTIKEL 1

Liste der Tätigkeiten der Agenturen, Informationssysteme und anderer Tätigkeiten der Union,

an die die Schweiz einen Finanzbeitrag leistet

Die Schweiz leistet einen Finanzbeitrag an folgende:

(a)

Agenturen:

keine.

(b)

Informationssysteme:

Europäisches Netz der Arbeitsvermittlungen (EURES), errichtet durch die Verordnung (EU)

2016/589 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2016 über ein

Europäisches Netz der Arbeitsvermittlungen (EURES), den Zugang von Arbeitnehmern zu

mobilitätsfördernden Diensten und die weitere Integration der Arbeitsmärkte und zur

Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 492/2011 und (EU) Nr. 1296/2013 (ABl. EU L 107

vom 22.4.2016, S. 1), wie anwendbar gemäss Anhang I des Abkommens;

2

Elektronischer Austausch von Informationen der sozialen Sicherheit (EESSI), errichtet durch

die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 (ABl. EU L 166 vom 30.4.2004, S. 1), berichtigt in ABl.

EU L 200 vom 7.6.2004, S. 1, und ABl. EU L 204 vom 4.8.2007, S. 30, und durch die

Verordnung (EG) Nr. 987/2009 (ABl. EU L 284 vom 30.10.2009, S. 1), wie anwendbar

gemäss Anhang II des Abkommens;

Binnenmarkt-Informationssystem (IMI), errichtet durch die Verordnung (EU) Nr. 1024/2012

des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die

Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems und zur

Aufhebung der Entscheidung 2008/49/EG der Kommission (ABl. EU L 316 vom 14.11.2012,

S. 1), wie anwendbar gemäss Anhang I und III des Abkommens.

(c)

andere Tätigkeiten:

keine.

ARTIKEL 2

Zahlungsbedingungen

1.

Zu entrichtende Zahlungen gemäss Artikel 13 des Protokolls werden nach Massgabe dieses

Artikels geleistet.

2.

Mit der Zahlungsaufforderung für das jeweilige Haushaltsjahr übermittelt die Kommission

der Schweiz folgende Angaben:

(a)

die Höhe des operativen Beitrags; und

3

(b)

die Höhe der Teilnahmegebühr.

3.

Die Kommission übermittelt der Schweiz so bald wie möglich, spätestens jedoch bis am

16. April jedes Haushaltsjahres, die folgenden Angaben in Bezug auf die Teilnahme der Schweiz:

(a)

die Höhe der Mittel für Verpflichtungen aus den bewilligten jährlichen Haushaltsmitteln der

Union, die in den entsprechenden Haushaltslinien für das betreffende Jahr für jede Agentur

eingestellt wurden, wobei für jede Agentur etwaige angepasste operative Beiträge gemäss

Artikel 1 berücksichtigt werden, sowie die Höhe der Mittel für Verpflichtungen, bezogen auf

die für das betreffende Jahr für das entsprechende Budget der Informationssysteme und

anderen Tätigkeiten bewilligten Haushaltsmittel der Union, die die Teilnahme der Schweiz

gemäss Artikel 1 abdecken;

(b)

die Höhe der Teilnahmegebühr gemäss Artikel 13 Absatz 7 dieses Protokolls; und

(c)

für die Agenturen im Jahr N+1 die Höhe der Mittelbindungen, die aus den für das Jahr N für

die entsprechenden Haushaltslinien bewilligten Mitteln für Verpflichtungen vorgenommen

wurden, bezogen auf die jährlichen Haushaltsmittel der Union, die in den entsprechenden

Haushaltslinien für das Jahr N eingestellt wurden.

4.

Die Kommission legt auf der Grundlage ihres Haushaltsentwurfs so bald wie möglich,

spätestens jedoch am 1. September des Haushaltsjahres, eine Schätzung der in Absatz 3

Buchstaben (a) und (b) genannten Informationen vor.

4

5.

Die Kommission stellt der Schweiz spätestens am 16. April und, falls für die jeweilige

Agentur, das jeweilige Informationssystem oder die jeweilige andere Tätigkeit zutreffend,

frühestens am 22. Oktober, aber spätestens am 31. Oktober jedes Haushaltsjahres eine

Zahlungsaufforderung aus, die dem Beitrag der Schweiz gemäss dem Abkommen für alle

Agenturen, Informationssysteme und anderen Tätigkeiten, an denen die Schweiz teilnimmt,

entspricht.

6.

Die in Absatz 5 genannten Zahlungsaufforderungen sind wie folgt in Raten gegliedert:

(a)

Die erste Rate des Jahres in Bezug auf die spätestens am 16. April auszustellende

Zahlungsaufforderung entspricht einem Betrag bis in Höhe der Schätzung des jährlichen

Finanzbeitrags an die jeweilige Agentur, das jeweilige Informationssystem oder die jeweilige

andere Tätigkeit gemäss Absatz 4.

Die Schweiz bezahlt den in dieser Zahlungsaufforderung angegebenen Betrag spätestens

60 Tage nach Ausstellung der Zahlungsaufforderung.

(b)

Die gegebenenfalls zu entrichtende zweite Rate des Jahres in Bezug auf die frühestens am

22. Oktober, aber spätestens am 31. Oktober auszustellende Zahlungsaufforderung entspricht

der Differenz zwischen dem Betrag gemäss Absatz 4 und dem Betrag gemäss Absatz 5, wenn

der Betrag gemäss Absatz 5 höher ist.

Die Schweiz bezahlt den in dieser Zahlungsaufforderung angegebenen Betrag spätestens am

21. Dezember.

Für jede Zahlungsaufforderung kann die Schweiz jeweils separate Zahlungen für jede

Agentur, jedes Informationssystem und jede andere Tätigkeit leisten.

5

7.

Für das erste Jahr der Durchführung des Protokolls stellt die Kommission innerhalb von

90 Tagen nach Inkrafttreten des Protokolls eine einzige Zahlungsaufforderung aus.

Die Schweiz bezahlt den in der Zahlungsaufforderung angegebenen Betrag spätestens 60 Tagen

nach Ausstellung der Zahlungsaufforderung.

8.

Bei jedem Verzug der Zahlung des Finanzbeitrags werden der Schweiz Verzugszinsen auf

den ausstehenden Betrag ab dem Fälligkeitstag bis zum Tag der vollständigen Bezahlung des

ausstehenden Betrags berechnet.

Der auf zu bezahlende, aber bis zum Fälligkeitstag nicht bezahlte Beträge angewandte Zinssatz ist

der von der Europäischen Zentralbank für ihre Hauptrefinanzierungsgeschäfte zugrunde gelegte

Zinssatz, der im

Amtsblatt der Europäischen Union

, Reihe C, veröffentlicht wurde und am ersten

Tag des Monats, in welchen der Fälligkeitstag fällt, in Kraft ist, oder 0 %, je nachdem welcher Wert

höher ist, plus 3,5 Prozentpunkte.

6

ARTIKEL 3

Anpassung des Finanzbeitrags der Schweiz an Agenturen der Union

angesichts der Durchführung

Die Anpassung des Finanzbeitrags der Schweiz an die Agenturen der Union erfolgt im Jahr N+1,

wenn der ursprüngliche operative Beitrag nach oben oder nach unten angepasst wird, und zwar um

die Differenz zwischen dem ursprünglichen operativen Beitrag und einem angepassten Beitrag, der

mittels Anwendung des Beitragsschlüssels des Jahres N auf die Höhe der Mittelbindungen

berechnet wird, die aus den für das Jahr N für die entsprechenden Haushaltslinien der Union

bewilligten Mitteln für Verpflichtungen vorgenommen wurden. Gegebenenfalls wird bei der

Berechnung der Differenz für jede Agentur der prozentual angepasste operative Beitrag gemäss

Artikel 1 berücksichtigt.

ARTIKEL 4

Bestehende Vereinbarungen

Artikel 13 des Protokolls und dieser Anhang gelten nicht für spezifische Vereinbarungen zwischen

der Schweiz und der Union, die Finanzbeiträge der Schweiz beinhalten. Solche Vereinbarungen

bestehen für die folgenden Agenturen, Informationssysteme und anderen Tätigkeiten:

Gegenseitiges Informationssystem für soziale Sicherheit (MISSOC), gemäss den jeweiligen

vertraglichen Vereinbarungen der Schweiz und der Kommission mit dem MISSOC-

Sekretariat.

7

ARTIKEL 5

Übergangsregelungen

Tritt das Protokoll nicht am 1. Januar in Kraft, gilt in Abweichung von Artikel 2 dieser Artikel:

Im ersten Jahr der Durchführung des Protokolls wird der für das betreffende Jahr zu entrichtende

Beitrag an die jeweilige Agentur, das jeweilige Informationssystem oder die jeweilige andere

Tätigkeit nach Artikel 13 des Protokolls und Artikel 1 bis 3 dieses Anhangs

pro rata temporis

gesenkt, indem der Betrag des fälligen jährlichen operativen Beitrags multipliziert wird mit dem

Quotienten aus

(a)

der Anzahl der Kalendertage ab dem Datum des Inkrafttretens des Protokolls bis zum

31. Dezember des betreffenden Jahres; und

(b)

der Gesamtzahl der Kalendertage des betreffenden Jahres.

8

Anlage

ANLAGE ÜBER DAS SCHIEDSGERICHT

KAPITEL I

EINLEITENDE BESTIMMUNGEN

ARTIKEL I.1

Geltungsbereich

Wenn eine der Vertragsparteien (im Folgenden „Parteien“) eine Streitigkeit gemäss Artikel 10

Absatz 2 oder Artikel 11 Absatz 2 des Protokolls der Schiedsgerichtsbarkeit unterstellt oder einen

Fall gemäss Artikel 14a Absatz 2 oder 4 des Abkommens vor die Schiedsgerichtsbarkeit bringt,

kommen die Bestimmungen dieser Anlage zur Anwendung.

9

ARTIKEL I.2

Kanzlei und Sekretariatsdienstleistungen

Das Internationale Büro des Ständigen Schiedshofs in Den Haag (im Folgenden „Internationales

Büro“) übernimmt die Aufgaben einer Kanzlei und erbringt die erforderlichen

Sekretariatsdienstleistungen.

ARTIKEL I.3

Notifikationen und Berechnung von Fristen

1.

Notifikationen, einschliesslich Mitteilungen und Vorschlägen, können durch alle

Kommunikationsmittel übermittelt werden, die einen Nachweis der Übermittlung gewährleisten

oder ermöglichen.

2.

Solche Notifikationen können nur dann auf elektronischem Weg erfolgen, wenn von einer

Partei eigens für diesen Zweck eine Adresse benannt oder zugelassen wurde.

3.

Solche Notifikationen an die Parteien sind für die Schweiz an die Abteilung Europa des

Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten und für die Union an den

Juristischen Dienst der Kommission zu richten.

10

4.

Alle Fristen gemäss dieser Anlage beginnen am Tag nach dem jeweiligen Ereignis oder der

jeweiligen Handlung. Fällt der letzte Tag der Zustellungsfrist für eine Unterlage auf einen

arbeitsfreien Tag der Organe der Union oder der Regierung der Schweiz, so endet die Frist für die

Zustellung der Unterlage am ersten darauffolgenden Arbeitstag. Arbeitsfreie Tage, die in die Frist

fallen, werden mitgerechnet.

ARTIKEL I.4

Schiedsanzeige

1.

Die das Schiedsverfahren einleitende Partei (im Folgenden „klagende Partei“) übermittelt der

anderen Partei (im Folgenden „beklagte Partei“) und dem Internationalen Büro eine Schiedsanzeige.

2.

Das Schiedsverfahren gilt als an dem Tag eingeleitet, der auf den Tag des Eingangs der

Schiedsanzeige bei der beklagten Partei folgt.

3.

Die Schiedsanzeige muss folgende Angaben enthalten:

(a)

den Antrag, die Streitigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit zu unterstellen;

(b)

die Namen und Kontaktdaten der Parteien;

(c)

den Namen und die Adresse des Vertreters (der Vertreter) der klagenden Partei;

11

(d)

die Rechtsgrundlage des Verfahrens (Art. 10 Abs. 2 oder Art. 11 Abs. 2 des Protokolls) und:

(i)

in den Fällen nach Artikel 10 Absatz 2 des Protokolls die strittige Frage, wie sie gemäss

Artikel 10 Absatz 1 des Protokolls zwecks Beilegung offiziell auf die Tagesordnung des

Gemischten Ausschusses gesetzt wurde;

(ii)

in den Fällen nach Artikel 11 Absatz 2 des Protokolls den Schiedsspruch, etwaige

Umsetzungsmassnahmen gemäss Artikel 10 Absatz 5 des Protokolls sowie die strittigen

Ausgleichsmassnahmen; und

(iii) in den Fällen nach Artikel 14a Absätze 2 und 4 des Abkommens die vorgebrachten

Probleme gemäss Artikel 14a Absatz 2 des Abkommens,

(e)

die Bezeichnung aller Bestimmungen, die der Streitigkeit zugrunde liegen oder damit

zusammenhängen;

(f)

eine kurze Beschreibung der Streitigkeit; und

(g)

die Benennung eines Schiedsrichters oder, falls fünf Schiedsrichter zu bestellen sind, die

Benennung von zwei Schiedsrichtern.

4.

In den Fällen nach Artikel 10 Absatz 3 des Protokolls kann die Schiedsanzeige auch Angaben

zur Notwendigkeit einer Anrufung des Gerichtshofs der Europäischen Union enthalten.

5.

Die Bestellung des Schiedsgerichts wird durch die Beanstandung der Hinlänglichkeit der

Schiedsanzeige nicht verhindert. Die Streitigkeit wird vom Schiedsgericht endgültig entschieden.

12

ARTIKEL I.5

Antwort auf die Schiedsanzeige

1.

Die beklagte Partei übermittelt der klagenden Partei und dem Internationalen Büro innerhalb

von 60 Tagen nach Empfang der Schiedsanzeige eine Antwort auf die Schiedsanzeige, die folgende

Angaben enthalten muss:

(a)

die Namen und Kontaktdaten der Parteien;

(b)

den Namen und die Adresse des Vertreters (der Vertreter) der beklagten Partei;

(c)

eine Antwort auf die in der Schiedsanzeige gemäss Artikel I.4 Absatz 3 Buchstaben (d) bis (f)

aufgeführten Angaben; und

(d)

die Benennung eines Schiedsrichters oder, falls fünf Schiedsrichter zu bestellen sind, die

Benennung von zwei Schiedsrichtern.

2.

In den Fällen nach Artikel 10 Absatz 3 des Protokolls kann die Antwort auf die

Schiedsanzeige auch eine Antwort auf die in der Schiedsanzeige gemäss Artikel I.4 Absatz 4 dieser

Anlage aufgeführten Angaben sowie Angaben zur Notwendigkeit einer Anrufung des Gerichtshofs

der Europäischen Union enthalten.

3.

Die Bestellung des Schiedsgerichts wird durch eine fehlende oder eine unvollständige oder

verspätete Antwort der beklagten Partei auf die Schiedsanzeige nicht verhindert. Die Streitigkeit

wird vom Schiedsgericht endgültig entschieden.

13

4.

Fordert die beklagte Partei in ihrer Antwort auf die Schiedsanzeige die Bestellung eines

Schiedsgerichts mit fünf Schiedsrichtern, so benennt die klagende Partei innerhalb von 30 Tagen

nach Erhalt der Antwort auf die Schiedsanzeige einen zusätzlichen Schiedsrichter.

ARTIKEL I.6

Vertretung und Beistand

1.

Die Parteien werden von einem oder mehreren Vertretern vor dem Schiedsgericht vertreten.

Die Vertreter können den Beistand von Beratern oder von Rechtsanwälten in Anspruch nehmen.

2.

Jeder Wechsel der Vertreter oder ihrer Adressen muss der anderen Partei, dem Internationalen

Büro und dem Schiedsgericht notifiziert werden. Das Schiedsgericht kann jederzeit von sich aus

oder auf Antrag einer Partei einen Nachweis der Vollmachten verlangen, die die Parteien den

Vertretern erteilt haben.

14

KAPITEL II

ZUSAMMENSETZUNG DES SCHIEDSGERICHTS

ARTIKEL II.1

Anzahl der Schiedsrichter

Das Schiedsgericht setzt sich aus drei Schiedsrichtern zusammen. Stellt die klagende Partei in ihrer

Schiedsanzeige oder die beklagte Partei in ihrer Antwort auf die Schiedsanzeige einen

entsprechenden Antrag, so setzt sich das Schiedsgericht aus fünf Schiedsrichtern zusammen.

ARTIKEL II.2

Bestellung der Schiedsrichter

1.

Sind drei Schiedsrichter zu bestellen, so benennt jede Partei einen Schiedsrichter. Die beiden

von den Parteien bestellten Schiedsrichter wählen den dritten Schiedsrichter, der den Vorsitz des

Schiedsgerichts innehat.

2.

Sind fünf Schiedsrichter zu bestellen, so benennt jede Partei zwei Schiedsrichter. Die vier von

den Parteien bestellten Schiedsrichter wählen den fünften Schiedsrichter, der den Vorsitz des

Schiedsgerichts innehat.

15

3.

Haben sich die Schiedsrichter nicht innerhalb von 30 Tagen nach der Bestellung des letzten

Schiedsrichters durch die Parteien auf den Vorsitzenden des Schiedsgerichts geeinigt, so wird der

Vorsitzende vom Generalsekretär des Ständigen Schiedshofs bestellt.

4.

Um die Wahl der Schiedsrichter für das Schiedsgericht zu erleichtern, wird eine indikative

Liste mit Personen, die über die notwendigen Qualifikationen gemäss Absatz 6 verfügen, erstellt

und bei Bedarf aktualisiert. Diese Liste ist allen bilateralen Abkommen in den Bereichen betreffend

den Binnenmarkt, an denen die Schweiz teilnimmt, sowie dem Abkommen zwischen der

Europäischen Union und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Gesundheit, geschehen

zu […] am […] (im Folgenden „Gesundheitsabkommen“), dem Abkommen zwischen der

Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Handel mit

landwirtschaftlichen Erzeugnissen, geschehen zu Luxemburg am 21. Juni 1999 (im Folgenden

„Abkommen über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen“), und dem Abkommen

zwischen der Europäischen Union und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den

regelmässigen finanziellen Beitrag der Schweiz zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen

Ungleichheiten in der Europäischen Union, geschehen zu […] am […] (im Folgenden „Abkommen

über den regelmässigen finanziellen Beitrag der Schweiz“), gemeinsam. Der Gemischte Ausschuss

erstellt und aktualisiert diese Liste durch Beschluss für die Zwecke des Abkommens.

5.

Bezeichnet eine Partei keinen Schiedsrichter, so bestellt der Generalsekretär des Ständigen

Schiedshofs diesen Schiedsrichter von der Liste gemäss Absatz 4. In Ermangelung einer solchen

Liste wird der Schiedsrichter vom Generalsekretär des Ständigen Schiedshofs per Losentscheid aus

einem Kreis von Personen bestellt, die von einer oder beiden Parteien für die Zwecke von Absatz 4

formell vorgeschlagen wurden.

16

6.

In das Schiedsgericht sind hochqualifizierte Personen mit oder ohne Verbindungen zu den

Parteien zu bestellen, die nachweislich unabhängig und frei von Interessenkonflikten sind und über

ein breites Erfahrungsspektrum verfügen. Sie verfügen insbesondere über ausgewiesene juristische

Kenntnisse und Fachkompetenzen in den von diesem Abkommen abgedeckten Bereichen; sie

dürfen keine Weisungen von den Parteien entgegennehmen; und sie handeln in persönlicher

Eigenschaft und dürfen keine Weisungen einer Organisation oder Regierung bezüglich

Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Streitigkeit entgegennehmen. Der Vorsitzende des

Schiedsgerichts besitzt zudem Erfahrung in Streitbeilegungsverfahren.

ARTIKEL II.3

Erklärungen der Schiedsrichter

1.

Wird an eine Person im Zusammenhang mit ihrer möglichen Bestellung zum Schiedsrichter

herangetreten, so hat sie alle Umstände offenzulegen, die geeignet sind, berechtigte Zweifel an ihrer

Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit aufkommen zu lassen. Ein Schiedsrichter hat ab dem

Zeitpunkt seiner Bestellung und während des ganzen Schiedsverfahrens den Parteien und den

übrigen Schiedsrichtern derartige Umstände unverzüglich offenzulegen, sofern er es nicht bereits

getan hat.

2.

Jeder Schiedsrichter kann abgesetzt werden, wenn Umstände vorliegen, die Anlass zu

berechtigten Zweifeln an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit geben.

3.

Eine Partei kann einen von ihr bestellten Schiedsrichter nur aus Gründen absetzen, von denen

sie erst nach seiner Bestellung Kenntnis erhalten hat.

4.

Falls ein Schiedsrichter untätig bleibt oder

de iure

oder

de facto

nicht in der Lage ist, seine

Aufgaben wahrzunehmen, kommt das Verfahren zur Absetzung eines Schiedsrichters nach

Artikel II.4 zur Anwendung.

17

ARTIKEL II.4

Absetzung von Schiedsrichtern

1.

Eine Partei, die einen Schiedsrichter absetzen möchte, reicht innerhalb von 30 Tagen,

nachdem ihr die Bestellung dieses Schiedsrichters notifiziert wurde, oder innerhalb von 30 Tagen,

nachdem ihr die in Artikel II.3 genannten Umstände zur Kenntnis gelangt sind, ein

Absetzungsgesuch ein.

2.

Das Absetzungsgesuch ist der anderen Partei, dem abgesetzten Schiedsrichter, den übrigen

Schiedsrichtern und dem Internationalen Büro zu übermitteln. Im Gesuch sind die Gründe für die

Absetzung anzugeben.

3.

Wurde ein Absetzungsgesuch eingereicht, so kann die andere Partei dem Absetzungsgesuch

zustimmen. Der betreffende Schiedsrichter kann auch von seinem Amt zurücktreten. Die

Zustimmung oder der Rücktritt bedeutet keine Anerkennung der Gründe für das Absetzungsgesuch.

4.

Stimmt die andere Partei dem Absetzungsgesuch nicht innerhalb von 15 Tagen nach

Notifikation desselben zu oder tritt der betreffende Schiedsrichter nicht von seinem Amt zurück, so

kann die Partei, die das Absetzungsgesuch gestellt hat, den Generalsekretär des Ständigen

Schiedshofs bitten, über die Absetzung zu entscheiden.

5.

Sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren, ist die Entscheidung gemäss Absatz 4 zu

begründen.

18

ARTIKEL II.5

Ersatz eines Schiedsrichters

1.

Falls ein Schiedsrichter während des Schiedsverfahrens ersetzt werden muss, wird unter

Vorbehalt von Absatz 2 dieses Artikels ein Ersatzschiedsrichter nach dem in Artikel II.2

vorgesehenen Verfahren, das bei der Bestellung oder der Wahl des zu ersetzenden Schiedsrichters

zur Anwendung kam, bestellt oder ausgewählt. Dieses Verfahren ist kommt auch dann zur

Anwendung, wenn eine Partei ihr Recht, den zu ersetzenden Schiedsrichter zu bestellen oder an

dessen Bestellung teilzunehmen, nicht wahrgenommen hat.

2.

Wird ein Schiedsrichter ersetzt, so wird das Verfahren an der Stelle wieder aufgenommen, an

welcher der ersetzte Schiedsrichter ausgeschieden ist, sofern das Schiedsgericht nicht anders

entscheidet.

ARTIKEL II.6

Haftungsausschluss

Ausser in Fällen vorsätzlichen Fehlverhaltens oder grober Fahrlässigkeit verzichten die Parteien im

nach dem anwendbaren Recht grösstmöglich zulässigen Umfang auf Klagen gegen die

Schiedsrichter wegen Handlungen oder Unterlassungen im Zusammenhang mit dem

Schiedsverfahren.

19

KAPITEL III

SCHIEDSVERFAHREN

ARTIKEL III.1

Allgemeine Bestimmungen

1.

Als Tag der Einsetzung des Schiedsgerichts gilt der Tag, an dem der letzte Schiedsrichter

seine Bestellung annimmt.

2.

Das Schiedsgericht sorgt dafür, dass die Parteien gleich behandelt werden und dass jeder

Partei in einem geeigneten Stadium des Verfahrens hinreichend Gelegenheit gegeben wird, ihre

Rechte geltend zu machen und ihren Fall vorzutragen. Das Schiedsgericht führt das Verfahren so

durch, dass Verzögerungen und unnötige Kosten vermieden werden und die Streitigkeit zwischen

den Parteien beigelegt werden kann.

3.

Eine mündliche Verhandlung wird durchgeführt, sofern das Schiedsgericht nach Anhörung

der Parteien nicht anders entscheidet.

4.

Mitteilungen einer Partei an das Schiedsgericht sind über das Internationale Büro zu

übermitteln, wobei der anderen Partei gleichzeitig eine Kopie zuzustellen ist. Das Internationale

Büro sendet jedem Schiedsrichter eine Kopie der Mitteilung.

20

ARTIKEL III.2

Ort des Schiedsverfahrens

Ort des Schiedsverfahrens ist Den Haag. Falls ausserordentliche Umstände es erfordern, kann das

Schiedsgericht an jedem anderen Ort zusammentreten, der ihm für seine Beratungen geeignet

erscheint.

ARTIKEL III.3

Sprache

1.

Verfahrenssprachen sind Französisch und Englisch.

2.

Das Schiedsgericht kann anordnen, dass alle der Klageschrift oder der Klageerwiderung

beigefügten Unterlagen und alle weiteren Unterlagen, die im Laufe des Verfahrens in ihrer

Originalsprache eingereicht werden, mit einer Übersetzung in einer der Verfahrenssprachen zu

versehen sind.

ARTIKEL III.4

Klageschrift

1.

Die klagende Partei übermittelt ihre Klageschrift innerhalb der vom Schiedsgericht

festgesetzten Frist über das Internationale Büro schriftlich der beklagten Partei und dem

Schiedsgericht. Die klagende Partei kann beschliessen, die in Artikel I.4 aufgeführte Schiedsanzeige

als Klageschrift zu erachten, sofern diese auch den Anforderungen von Absätzen 2 und 3 dieses

Artikels entspricht.

21

2.

Die Klageschrift hat folgende Angaben zu enthalten:

(a)

die Angaben gemäss Artikel I.4 Absatz 3 Buchstaben (b) bis (f);

(b)

eine Darstellung des Sachverhalts, auf den die Klage gestützt wird; und

(c)

die rechtlichen Argumente, die zur Begründung der Klage geltend gemacht werden.

3.

Die Klageschrift ist soweit möglich mit allen Unterlagen und weiteren Beweismitteln zu

versehen, auf die sich die klagende Partei stützt, oder sollte darauf Bezug nehmen. In den Fällen

nach Artikel 10 Absatz 3 des Protokolls umfasst die Klageschrift soweit möglich auch

Ausführungen zur Notwendigkeit einer Anrufung des Gerichtshofs der Europäischen Union.

ARTIKEL III.5

Klageerwiderung

1.

Die beklagte Partei übermittelt die Klageerwiderung innerhalb der vom Schiedsgericht

festgesetzten Frist über das Internationale Büro schriftlich der klagenden Partei und dem

Schiedsgericht. Die beklagte Partei kann beschliessen, dass die in Artikel I.5 aufgeführte Antwort

auf die Schiedsanzeige als Klageerwiderung gilt, sofern die Antwort auf die Schiedsanzeige auch

den Anforderungen von Absatz 2 dieses Artikels entspricht.

22

2.

Die Klageerwiderung nimmt zu den Angaben der Klageschrift gemäss Artikel III.4 Absatz 2

Buchstaben (a) bis (c) dieser Anlage Stellung. Sie ist soweit möglich mit allen Unterlagen und

weiteren Beweismitteln zu versehen, auf die sich die beklagte Partei stützt, oder sollte darauf Bezug

nehmen. In den Fällen nach Artikel 10 Absatz 3 des Protokolls umfasst die Klageerwiderung soweit

möglich auch Ausführungen zur Notwendigkeit einer Anrufung des Gerichtshofs der Europäischen

Union.

3.

Die beklagte Partei kann in der Klageerwiderung oder in einem späteren Stadium des

Schiedsverfahrens, wenn das Schiedsgericht entscheidet, dass eine Verspätung unter den

Umständen gerechtfertigt ist, Widerklage erheben, sofern das Schiedsgericht dafür zuständig ist.

4.

Artikel III.4 Absätze 2 und 3 finden auch auf die Widerklage Anwendung.

ARTIKEL III.6

Zuständigkeit des Schiedsgerichts

1.

Das Schiedsgericht entscheidet auf der Grundlage von Artikel 10 Absatz 2 oder Artikel 11

Absatz 2 des Protokolls oder Artikel 14a Absatz 2 oder 4 des Abkommens über seine Zuständigkeit.

2.

In den Fällen nach Artikel 10 Absatz 2 des Protokolls hat das Schiedsgericht den Auftrag,

über die strittige Frage, wie sie gemäss Artikel 10 Absatz 1 des Protokolls offiziell auf die

Tagesordnung des Gemischten Ausschusses gesetzt wurde, zu befinden.

23

3.

In den Fällen nach Artikel 11 Absatz 2 des Protokolls hat das Schiedsgericht, das die

Hauptstreitigkeit verhandelt hat, den Auftrag, über die Verhältnismässigkeit der strittigen

Ausgleichsmassnahmen zu befinden, einschliesslich der Fälle, in denen diese Massnahmen ganz

oder teilweise im Rahmen eines anderen bilateralen Abkommens in den Bereichen betreffend den

Binnenmarkt, an denen die Schweiz teilnimmt, getroffen wurden.

4.

In den Fällen nach Artikel 14a Absätze 2 und 4 des Abkommens hat das Schiedsgericht den

Auftrag, darüber zu befinden, ob die vorgebrachten Probleme nachgewiesen und auf die Anwendung

des Abkommens zurückzuführen sind.

5.

Eine Einrede der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts ist spätestens in der Klageerwiderung

oder, im Falle einer Widerklage, in der Replik einzureichen. Eine Partei büsst aufgrund der

Tatsache, dass sie einen Schiedsrichter bestellt oder an der Bestellung eines Schiedsrichters

mitgewirkt hat, nicht das Recht ein, eine solche Einrede zu erheben. Die Einrede, dass die

Streitigkeit die Befugnisse des Schiedsgerichts überschreitet, ist zu erheben, sobald der Sachverhalt,

der angeblich über die Befugnisse des Schiedsgerichts hinausgeht, im Schiedsverfahren zur Sprache

kommt. In jedem Fall kann das Schiedsgericht eine spätere Einrede zulassen, wenn es die

Verspätung für gerechtfertigt hält.

6.

Das Schiedsgericht kann über eine Einrede nach Absatz 5 entweder als Vorfrage oder im

Schiedsspruch entscheiden.

24

ARTIKEL III.7

Weitere Schriftsätze

Das Schiedsgericht entscheidet nach Anhörung der Parteien, welche weiteren Schriftsätze ausser

der Klageschrift und der Klageerwiderung die Parteien vorlegen müssen oder können, und setzt die

Fristen für deren Übermittlung fest.

ARTIKEL III.8

Fristen

1.

Die vom Schiedsgericht für die Übermittlung der Schriftsätze, einschliesslich der Klageschrift

und der Klageerwiderung, festgesetzten Fristen dürfen 90 Tage nicht überschreiten, sofern die

Parteien nichts anderes vereinbaren.

2.

Das Schiedsgericht erlässt seinen endgültigen Schiedsspruch innerhalb von zwölf Monaten

nach seiner Einsetzung. In besonders schwierigen Ausnahmesituationen kann das Schiedsgericht

diese Frist um bis zu drei Monate verlängern.

3.

Die in den Absätzen 1 und 2 festgelegten Fristen werden halbiert:

(a)

auf Antrag der klagenden oder der beklagten Partei, wenn das Schiedsgericht nach der

Anhörung der anderen Partei innerhalb von 30 Tagen nach Antragstellung entscheidet, dass

der Fall dringlich ist; oder

(b)

wenn die Parteien dies vereinbaren.

25

4.

In den Fällen nach Artikel 11 Absatz 2 des Protokolls erlässt das Schiedsgericht seinen

endgültigen Schiedsspruch innerhalb von sechs Monaten ab dem Tag, an dem die

Ausgleichsmassnahmen gemäss Artikel 11 Absatz 1 des Protokolls notifiziert wurden.

5.

In den Fällen nach Artikel 14a Absätze 2 und 4 des Abkommens verkündet das Schiedsgericht

seinen endgültigen Schiedsspruch innerhalb von sechs Monaten nach seiner Einsetzung.

ARTIKEL III.9

Anrufung des Gerichtshofs der Europäischen Union

1.

Das Schiedsgericht ruft den Gerichtshof der Europäischen Union in Anwendung von Artikel 7

und Artikel 10 Absatz 3 des Protokolls an.

2.

Das Schiedsgericht kann den Gerichtshof der Europäischen Union zu jedem Zeitpunkt des

Verfahrens anrufen, sofern es den rechtlichen und tatsächlichen Rahmen des Falls sowie die

aufgeworfenen Rechtsfragen hinreichend genau bestimmen kann.

Das Verfahren vor dem Schiedsgericht wird bis zur Verkündung der Entscheidung des Gerichtshofs

der Europäischen Union ausgesetzt.

3.

Jede Partei kann einen begründeten Antrag auf Anrufung des Gerichtshofs der Europäischen

Union an das Schiedsgericht richten. Das Schiedsgericht weist einen solchen Antrag zurück, wenn

die Voraussetzungen für die Anrufung des Gerichtshofs der Europäischen Union gemäss Absatz 1

seiner Auffassung nach nicht erfüllt sind. Weist das Schiedsgericht den Antrag einer Partei auf

Anrufung des Gerichtshofs der Europäischen Union zurück, so muss es seine Entscheidung im

Schiedsspruch begründen.

26

4.

Das Schiedsgericht ruft den Gerichtshof der Europäischen Union mittels Notifikation an. Die

Notifikation hat mindestens folgende Angaben zu enthalten:

(a)

eine kurze Beschreibung der Streitigkeit;

(b)

den strittigen Rechtsakt (die strittigen Rechtsakte) der Union und/oder die strittige(n)

Bestimmung(en) des Abkommens; und

(c)

den gemäss Artikel 7 Absatz 2 des Protokolls auszulegenden unionsrechtlichen Begriff.

Das Schiedsgericht notifiziert den Parteien die Anrufung des Gerichtshofs der Europäischen Union.

5.

Der Gerichtshof der Europäischen Union wendet die internen Verfahrensvorschriften, die für

die Ausübung seiner Befugnis zur Vorabentscheidung über die Auslegung der Verträge und der

Handlungen der Organe, Einrichtungen, Agenturen und sonstigen Stellen der Union gelten,

sinngemäss an.

6.

Die Vertreter und Rechtsanwälte, die gemäss den Artikeln I.4, I.5, III.4 und III.5 befugt sind,

die Parteien vor dem Schiedsgericht zu vertreten, sind auch befugt, die Parteien vor dem

Gerichtshof der Europäischen Union zu vertreten.

27

ARTIKEL III.10

Vorläufige Massnahmen

1.

In den Fällen nach Artikel 11 Absatz 2 des Protokolls kann jede Partei in jedem Stadium des

Schiedsverfahrens vorläufige Massnahmen beantragen, die in der Aussetzung der

Ausgleichsmassnahmen bestehen.

2.

Anträge nach Absatz 1 bezeichnen den Streitgegenstand, die Umstände, aus denen sich die

Dringlichkeit ergibt, sowie die Sach- und Rechtsgründe, die die Gewährung der beantragten

vorläufigen Massnahmen

prima facie

rechtfertigen. Sie enthalten sämtliche Beweise und

Beweisangebote, die verfügbar sind, um die Gewährung der vorläufigen Massnahmen zu

rechtfertigen.

3.

Die Partei, welche die vorläufigen Massnahmen beantragt, übermittelt ihren Antrag über das

Internationale Büro schriftlich der anderen Partei und dem Schiedsgericht. Das Schiedsgericht setzt

der anderen Partei eine kurze Frist zur schriftlichen oder mündlichen Stellungnahme.

4.

Das Schiedsgericht beschliesst innerhalb eines Monats nach der Einreichung des Antrags nach

Absatz 1 die Aussetzung der strittigen Ausgleichsmassnahmen, sofern die folgenden Bedingungen

erfüllt sind:

(a)

Das Schiedsgericht erachtet den Fall, den die Partei, welche die vorläufigen Massnahmen

beantragt, in ihrem Antrag vorgelegt hat,

prima facie

als begründet;

(b)

das Schiedsgericht ist der Auffassung, dass die Partei, welche die vorläufigen Massnahmen

beantragt, bis zu seinem endgültigen Schiedsspruch einen schweren und nicht

wiedergutzumachenden Schaden erleiden würde, wenn die Ausgleichsmassnahmen nicht

ausgesetzt würden; und

28

(c)

der Schaden, der der Partei, welche die vorläufigen Massnahmen beantragt, durch die

sofortige Anwendung der strittigen Ausgleichsmassnahmen entstünde, wiegt schwerer als das

Interesse an einer sofortigen und wirksamen Anwendung dieser Massnahmen.

5.

Die Aussetzung des Verfahrens nach Artikel III.9 Absatz 2 Unterabsatz 2 findet keine

Anwendung in Verfahren nach diesem Artikel.

6.

Eine Entscheidung des Schiedsgerichts gemäss Absatz 4 ist nur einstweiliger Natur und greift

dem Schiedsspruch nicht vor.

7.

Sofern die Entscheidung des Schiedsgerichts gemäss Absatz 4 dieses Artikels kein früheres

Datum für die Beendigung der Aussetzung festlegt, wird die Aussetzung im Zeitpunkt des

endgültigen Schiedsspruchs gemäss Artikel 11 Absatz 2 des Protokolls hinfällig.

8.

Zur Vermeidung von Missverständnissen gilt für die Zwecke dieses Artikels, dass das

Schiedsgericht bei der Abwägung der Interessen der Partei, welche die vorläufigen Massnahmen

beantragt, und der Interessen der anderen Partei die Interessen von Privatpersonen und

Wirtschaftsakteuren der Parteien berücksichtigt, was aber nicht dazu führt, dass solchen

Privatpersonen und Wirtschaftsakteuren vor dem Schiedsgericht Parteistellung eingeräumt wird.

ARTIKEL III.11

Beweismittel

1.

Jede Partei trägt die Beweislast für die Tatsachen, auf die sie ihre Klage oder ihre

Klageerwiderung stützt.

29

2.

Auf Antrag einer Partei oder auf eigene Initiative kann das Schiedsgericht bei den Parteien

relevante Informationen einholen, die es für notwendig und zweckdienlich erachtet. Das

Schiedsgericht setzt den Parteien eine Frist, innerhalb derer sie seiner Aufforderung nachkommen

müssen.

3.

Auf Antrag einer Partei oder auf eigene Initiative kann das Schiedsgericht bei jeder beliebigen

Quelle Informationen einholen, die es für zweckdienlich erachtet. Das Schiedsgericht kann auch

nach eigenem Ermessen und vorbehaltlich etwaiger von den Parteien vereinbarter Bedingungen

Sachverständigengutachten einholen.

4.

Alle Informationen, die das Schiedsgericht im Rahmen dieses Artikels erhält, werden den

Parteien zur Verfügung gestellt, und die Parteien können dem Schiedsgericht Stellungnahmen zu

diesen Informationen übermitteln.

5.

Das Schiedsgericht ergreift geeignete Massnahmen, um die von einer Partei aufgeworfenen

Fragen in Bezug auf den Schutz personenbezogener Daten, das Berufsgeheimnis und die

berechtigten Interessen der Vertraulichkeit zu klären, nachdem es eine Stellungnahme der anderen

Partei eingeholt hat.

6.

Das Schiedsgericht entscheidet über die Zulässigkeit, Erheblichkeit und Beweiskraft der

vorgelegten Beweismittel.

ARTIKEL III.12

Mündliche Verhandlung

1.

Muss eine mündliche Verhandlung durchgeführt werden, so gibt das Schiedsgericht den

Parteien nach deren Konsultation rechtzeitig im Voraus den Tag, die Zeit und den Ort der

mündlichen Verhandlung bekannt.

30

2.

Die mündliche Verhandlung ist öffentlich, sofern das Schiedsgericht nicht von sich aus oder

auf Antrag der Parteien aus wichtigen Gründen etwas anderes beschliesst.

3.

Von jeder mündlichen Verhandlung wird ein Protokoll erstellt, das vom Vorsitzenden des

Schiedsgerichts unterzeichnet wird. Nur diese Protokolle sind verbindlich.

4.

Das Schiedsgericht kann beschliessen, die mündliche Verhandlung im Einklang mit der

Praxis des Internationalen Büros virtuell durchzuführen. Die Parteien werden rechtzeitig über diese

Praxis informiert. In solchen Fällen kommen Absatz 1,

mutatis mutandis

, und Absatz 3 zur

Anwendung.

ARTIKEL III.13

Säumnis

1.

Wenn die klagende Partei ihre Klageschrift ohne Angabe eines hinreichenden Grundes nicht

innerhalb der durch diese Anlage oder durch das Schiedsgericht festgesetzten Frist eingereicht hat,

so ordnet das Schiedsgericht den Abschluss des Schiedsverfahrens an, es sei denn, es verbleiben

Fragen, über die möglicherweise zu entscheiden ist, und das Schiedsgericht hält es für angezeigt,

darüber zu entscheiden.

Wenn die beklagte Partei ihre Antwort auf die Schiedsanzeige oder ihre Klageerwiderung ohne

Angabe eines hinreichenden Grundes nicht innerhalb der durch diese Anlage oder durch das

Schiedsgericht festgesetzten Frist eingereicht hat, so ordnet das Schiedsgericht die Fortsetzung des

Verfahrens an, ohne die Säumnis als solche als Anerkennung der Behauptungen der klagenden

Partei zu werten.

Unterabsatz 2 gilt auch, wenn die klagende Partei keine Replik auf eine Widerklage eingereicht hat.

31

2.

Erscheint eine nach Artikel III.12 Absatz 1 ordnungsgemäss geladene Partei nicht bei der

mündlichen Verhandlung und gibt sie hierfür keinen hinreichenden Grund an, so kann das

Schiedsgericht das Verfahren fortsetzen.

3.

Legt eine Partei nach ordnungsgemässer Aufforderung durch das Schiedsgericht keine

weiteren Beweismittel innerhalb der festgesetzten Frist vor und gibt sie hierfür keinen

hinreichenden Grund an, so kann das Schiedsgericht den Schiedsspruch auf der Grundlage der ihm

vorliegenden Beweismittel erlassen.

ARTIKEL III.14

Abschluss des Verfahrens

1.

Wenn die Parteien nachweislich hinreichend Gelegenheit hatten, ihre Argumente darzulegen,

kann das Schiedsgericht das Verfahren für abgeschlossen erklären.

2.

Das Schiedsgericht kann, wenn es dies wegen ausserordentlicher Umstände für notwendig

erachtet, jederzeit vor Erlass seines Schiedsspruchs von sich aus oder auf Antrag einer Partei

beschliessen, das Verfahren wieder zu eröffnen.

32

KAPITEL IV

SCHIEDSSPRUCH

ARTIKEL IV.1

Entscheidungen

Das Schiedsgericht ist bestrebt, einvernehmlich zu entscheiden. Ist keine einvernehmliche

Entscheidung möglich, so entscheidet das Schiedsgericht mit Stimmenmehrheit der Schiedsrichter.

ARTIKEL IV.2

Form und Wirkung der Entscheidung des Schiedsgerichts

1.

Das Schiedsgericht kann getrennte Entscheidungen zu unterschiedlichen Fragen zu

verschiedenen Zeitpunkten erlassen.

2.

Alle Entscheidungen sind schriftlich zu erlassen und zu begründen. Sie sind endgültig und für

die Parteien bindend.

3.

Der Schiedsspruch wird von den Schiedsrichtern unterzeichnet, enthält das Datum, an dem er

erlassen wurde, und nennt den Ort des Schiedsverfahrens. Das Internationale Büro übermittelt den

Parteien eine Kopie des von den Schiedsrichtern unterzeichneten Schiedsspruchs.

33

4.

Das Internationale Büro veröffentlicht den Schiedsspruch.

Bei der Veröffentlichung des Schiedsspruchs berücksichtigt das Internationale Büro die

einschlägigen Vorschriften über den Schutz personenbezogener Daten, das Berufsgeheimnis und

die berechtigten Interessen der Vertraulichkeit.

Die in Unterabsatz 2 aufgeführten Vorschriften gelten für alle bilateralen Abkommen in den

Bereichen betreffend den Binnenmarkt, an denen die Schweiz teilnimmt, sowie für das

Gesundheitsabkommen, das Abkommen über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen

und das Abkommen über den regelmässigen finanziellen Beitrag der Schweiz. Der Gemischte

Ausschuss erlässt und aktualisiert diese Vorschriften durch Beschluss für die Zwecke des

Abkommens.

5.

Die Parteien setzen alle Entscheidungen des Schiedsgerichts unverzüglich um.

6.

In den Fällen nach Artikel 10 Absatz 2 des Protokolls setzt das Schiedsgericht nach

Einholung der Stellungnahmen der Parteien im Schiedsspruch und unter Berücksichtigung der

internen Verfahren der Parteien eine angemessene Frist zur Umsetzung des Schiedsspruchs im

Sinne von Artikel 10 Absatz 5 des Protokolls.

ARTIKEL IV.3

Anwendbares Recht, Auslegungsregeln, Schlichtungsstelle

1.

Das anwendbare Recht setzt sich zusammen aus dem Abkommen, den Rechtsakten der

Union, auf die darin Bezug genommen wird, sowie aus allen anderen Regeln des Völkerrechts, die

für die Anwendung dieser Instrumente relevant sind.

34

2.

Das Schiedsgericht entscheidet gemäss den Auslegungsregeln nach Artikel 7 des Protokolls.

3.

Frühere Schiedssprüche eines Streitbeilegungsorgans in Bezug auf die Verhältnismässigkeit

von Ausgleichsmassnahmen, die aufgrund eines anderen in Artikel 11 Absatz 1 des Protokolls

genannten bilateralen Abkommens ergriffen wurden, sind für das Schiedsgericht bindend.

4.

Das Schiedsgericht ist nicht befugt, als Schlichtungsstelle oder nach Billigkeit (

ex aequo et

bono

) zu entscheiden.

ARTIKEL IV.4

Einvernehmliche Lösung oder andere Gründe für den Abschluss des Verfahrens

1.

Die Parteien können ihre Streitigkeit jederzeit durch eine einvernehmliche Lösung beilegen.

Sie teilen eine solche Lösung gemeinsam dem Schiedsgericht mit. Ist für die Lösung eine

Genehmigung nach den einschlägigen innerstaatlichen Verfahren einer Partei erforderlich, so ist in

der Notifikation darauf hinzuweisen, und das Schiedsverfahren wird ausgesetzt. Ist eine solche

Genehmigung nicht erforderlich oder wurde der Abschluss solcher innerstaatlichen Verfahren

notifiziert, so wird das Schiedsverfahren abgeschlossen.

2.

Teilt die klagende Partei dem Schiedsgericht während des Verfahrens schriftlich mit, dass sie

das Verfahren nicht weiterführen will, und hat die beklagte Partei bis zu dem Tag, an dem diese

Mitteilung beim Schiedsgericht eingeht, noch keine Schritte im Verfahren unternommen, so erlässt

das Schiedsgericht einen Beschluss, der offiziell den Abschluss des Verfahrens feststellt. Das

Schiedsgericht entscheidet über die Kosten, die der klagenden Partei auferlegt werden, wenn dies

aufgrund des Verhaltens dieser Partei gerechtfertigt scheint.

35

3.

Kommt das Schiedsgericht vor dem Erlass des Schiedsspruchs zu dem Schluss, dass die

Fortsetzung des Verfahrens aus einem anderen Grund als nach den Absätzen 1 und 2

gegenstandslos oder unmöglich ist, so teilt es den Parteien seine Absicht mit, einen Beschluss über

den Abschluss des Verfahrens zu erlassen.

Unterabsatz 1 ist nicht anwendbar, wenn noch Fragen verbleiben, über die möglicherweise zu

entscheiden ist, und das Schiedsgericht dies für angezeigt hält.

4.

Das Schiedsgericht übermittelt den Parteien eine von den Schiedsrichtern unterzeichnete

Kopie des Beschlusses über den Abschluss des Schiedsverfahrens oder der zwischen den Parteien

vereinbarten Entscheidung. Artikel IV.2 Absätze 2 bis 5 findet auf Schiedsentscheidungen

Anwendung, die zwischen den Parteien vereinbart wurden.

ARTIKEL IV.5

Berichtigung des Schiedsspruchs

1.

Innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt des Schiedsspruchs kann eine Partei durch Notifikation

der anderen Partei und des Schiedsgerichts über das Internationale Büro die Berichtigung von im

Schiedsspruch enthaltenen Rechen-, Schreib- oder Druckfehlern oder anderen Fehlern oder

Auslassungen ähnlicher Art beantragen. Erachtet das Schiedsgericht den Antrag für gerechtfertigt,

so nimmt es die Berichtigung innerhalb von 45 Tagen nach Erhalt des Antrags vor. Der Antrag hat

keine aufschiebende Wirkung in Bezug auf die in Artikel IV.2 Absatz 6 vorgesehene Frist.

36

2.

Das Schiedsgericht kann Berichtigungen gemäss Absatz 1 von sich aus innerhalb von

30 Tagen nach Mitteilung seines Schiedsspruchs vornehmen.

3.

Berichtigungen nach Absatz 1 dieses Artikels werden schriftlich vorgenommen und sind

integraler Bestandteil des Schiedsspruchs. Es kommt Artikel IV.2 Absätze 2 bis 5 zur Anwendung.

ARTIKEL IV.6

Honorare der Schiedsrichter

1.

Die Honorare gemäss Artikel IV.7 müssen angemessen sein, wobei die Komplexität des Falls,

der Zeitaufwand der Schiedsrichter und alle anderen relevanten Umstände zu berücksichtigen sind.

2.

Eine Liste der täglichen Vergütung und der maximalen und minimalen Stunden, die allen

bilateralen Abkommen in den Bereichen betreffend den Binnenmarkt, an denen die Schweiz

teilnimmt, sowie dem Gesundheitsabkommen, dem Abkommen über den Handel mit

landwirtschaftlichen Erzeugnissen und dem Abkommen über den regelmässigen finanziellen

Beitrag der Schweiz gemeinsam ist, wird erstellt und bei Bedarf aktualisiert. Der Gemischte

Ausschuss erstellt und aktualisiert diese Liste durch Beschluss für die Zwecke des Abkommens.

ARTIKEL IV.7

Kosten

1.

Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten sowie die Hälfte der Kosten des Schiedsgerichts.

37

2.

Das Schiedsgericht setzt seine Kosten im Schiedsspruch fest. Diese Kosten umfassen

lediglich:

(a)

die Honorare der Schiedsrichter, die für jeden Schiedsrichter einzeln anzugeben und vom

Schiedsgericht selbst nach Artikel IV.6 festzusetzen sind;

(b)

die Reisekosten und sonstigen Auslagen der Schiedsrichter; und

(c)

die Honorare und Auslagen des Internationalen Büros.

3.

Die Kosten gemäss Absatz 2 müssen angemessen sein, wobei der Streitwert, die Komplexität

der Streitigkeit, der Zeitaufwand der Schiedsrichter und etwaiger vom Schiedsgericht bestellter

Sachverständiger sowie alle anderen relevanten Umstände zu berücksichtigen sind.

ARTIKEL IV.8

Hinterlegung eines Kostenvorschusses

1.

Das Internationale Büro kann die Parteien zu Beginn des Schiedsverfahrens auffordern, einen

gleichen Betrag als Vorschuss für die Kosten nach Artikel IV.7 Absatz 2 zu hinterlegen.

2.

Während des Schiedsverfahrens kann das Internationale Büro von den Parteien die

Hinterlegung weiterer Beträge in Ergänzung zu den in Absatz 1 aufgeführten verlangen.

38

Alle von den Parteien in Anwendung dieses Artikels hinterlegten Beträge werden an das

Internationale Büro überwiesen und von diesem zur Deckung der tatsächlich entstandenen Kosten,

einschliesslich insbesondere der Honorare der Schiedsrichter und des Internationalen Büros,

ausgezahlt.

KAPITEL V

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

ARTIKEL V.1

Änderungen

Der Gemischte Ausschuss kann durch Beschluss Änderungen dieser Anlage beschliessen.

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